{"id":5490,"date":"2019-08-19T17:05:02","date_gmt":"2019-08-19T15:05:02","guid":{"rendered":"https:\/\/blog.baden.ch\/umweltblog1\/?p=5490"},"modified":"2022-09-13T10:22:35","modified_gmt":"2022-09-13T08:22:35","slug":"steckbriefe-natur-und-landschaft-die-naturschutzobjekte-der-stadt-baden","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/umweltblog.baden.ch\/steckbriefe-natur-und-landschaft-die-naturschutzobjekte-der-stadt-baden\/","title":{"rendered":"Steckbriefe Natur und Landschaft: Die Naturschutzobjekte der Stadt Baden"},"content":{"rendered":"\t\t
Pius Moser lacht ob meiner \u00dcberraschung, als wir \u00fcber einen Trampelpfad aufs M\u00fcseren-Plateau vorstossen. Von der Schotterstrasse her scheint der Wald unscheinbar, schattig, nicht sehr einladend f\u00fcr einen Spaziergang. Dringt man aber durch die Fichten hindurch und \u00fcberquert ein, zwei Gr\u00e4ben auf dem Weg, tritt man in eine andere Welt ein. Vor uns \u00f6ffnet sich eine Lichtung voller Vielfalt: B\u00fcsche, B\u00e4ume, Wiesen, T\u00fcmpel und Teiche und alles kreucht und fleucht, surrt und schwirrt. Es ist ein kleiner, lebendiger, ja, gar magischer Ort.<\/p>
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So stellen wir uns Natur vor. Aber ist dies nat\u00fcrlich? Eigentlich nicht, wie Moser erkl\u00e4rt. Unsere Breitengrade waren urspr\u00fcnglich stark bewaldet und Wald ist nicht zwingend artenreich. Dass hier in der M\u00fcseren eine so hohe Vielfalt herrscht, ist letztlich den Menschen zu verdanken. Denn die Instandhaltung des Artenreichtums bedarf gewisser Eingriffe und diese werden gezielt durch das\u00a0Stadtforstamt Baden<\/a>\u00a0gemanagt. Dass hier Artenreichtum herrscht, merkt man unter anderem an der hier vorkommenden Gelbbauchunke. Diese kleine, unscheinbare und sehr seltene Amphibie mag einen abwechslungsreichen Lebensraum. Sie gilt als stark gef\u00e4hrdet. Vor allem, weil ihre idealen Lebensr\u00e4ume sehr dynamisch und mit vielen kleinen T\u00fcmpeln besetzt sein m\u00fcssen. Diese sind aber immer seltener vorhanden, da sie \u00fcblicherweise in Fluss- oder Bachauen entstehen. Durch Massnahmen der Trockenlegung oder Begradigung von Flussgew\u00e4ssern haben sie stark abgenommen und wurden an andere Orte verlagert. Wie auf dieses Plateau.<\/p> Weil dies aber eine f\u00fcr den Wald ungew\u00f6hnliche Landschaft ist, bedingt es eine Instandhaltung durch Menschen. Diese ist wichtig f\u00fcr das Funktionieren des \u00d6kosystems und macht unsere Forstwarte somit zum \u201eNaturwald\u201c-G\u00e4rtner. \u201eEs braucht aber eine gewisse Affinit\u00e4t und ein Interesse f\u00fcr diese Art der Waldpflege\u201c, sagt Moser, der die Arbeit weiterf\u00fchrt, die der ehemalige Revierf\u00f6rster Bruno Schmidli begann. \u201eMir gef\u00e4llt dieser abwechslungsreiche Umgang und solche Fl\u00e4chen sind nicht nur wichtig, sondern machen unsere Arbeit zus\u00e4tzlich spannend.\u201c<\/p> Eine ganz andere Landschaft pr\u00e4sentiert sich wenige hundert Meter talw\u00e4rts Richtung Chappelerhof. Wir befinden uns oberhalb des Chappi auf der sogenannten F\u00f6hrenwiese Hohmatt. Nicht von ungef\u00e4hr deutet dieser Name auf die hier wachsenden F\u00f6hren hin, wie auch darauf, dass es eine Wiese ist. Oder besser gesagt eine Matte. Denn \u00e4hnlich einer Alp diente vor rund 200 Jahren auch dieses Landst\u00fcck der Viehwirtschaft im Sommer. Die Michaeliskarte aus dem 19. Jahrhundert bezeugt die breit angelegten Matten zwischen dem Wald auf der Baldegg und der Siedlung Chappelerhof. Als die Nutzung abnahm, wuchsen diese Wiesen zu und erst unter sp\u00e4teren Eingriffen lichtete das Forstamt die Fl\u00e4che wieder auf. \u201eDer damalige Revierf\u00f6rster wusste, dass dies hier einmal Wiesen waren und erinnerte sich aus seiner Kindheit daran, dass es Orchideen gab\u201c, erz\u00e4hlt Moser. \u201eUnsere W\u00e4lder bestehen gr\u00f6sstenteils aus Buchen\u201c, erkl\u00e4rt Moser, \u201eaber F\u00f6hren bevorzugen solche mageren B\u00f6den, wie auf der Hohmatt\u201c. Damit aber die Orchideen hier auch gedeihen, engagiert sich das Forstamt daf\u00fcr, die Wiesen offenzulegen. Dazu m\u00e4hen sie einmal im Jahr. Zus\u00e4tzlich entfernen sie Str\u00e4ucher und Schlingpflanzen, wie die zum stolpern verleitende Waldrebe. Da diese Pflanzen schnell nachwachsen, will das Forstamt diese Auflichtung ab 2020 zweimal im Jahr durchf\u00fchren. \u00a0<\/p> Auf dem R\u00fcckweg \u00fcber die Allmend besuchen wir das Altholz R\u00fctibuck. Hinter dem Sportplatz und der Pfadih\u00fctte liegt ein kleines Waldst\u00fcck, das sich \u00fcber eine Felskuppe zur K\u00e4nelgasse hinunter b\u00fcckt. Seit 1987 erf\u00e4hrt dieser Wald keine Nutzung mehr und wird nach einem \u201eNichts tun\u201c-Prinzip gesch\u00fctzt. Demnach wird der Wald sich selbst \u00fcberlassen. Das Forstamt interveniert nur falls Gefahr durch umfallende B\u00e4ume oder herabfallende \u00c4ste beim Pfadiheim oder \u00fcber der K\u00e4nelgasse besteht. Wenn man in den Abendstunden eine Weile ruhig im Wald verharrt, besteht des \u00d6fteren die M\u00f6glichkeit einer seltenen Art des Homo Sapiens zu begegnen. Diese Art, auch bekannt als Pfadfinder, treibt sich gerne in diesem Wald herum. Das Forstamt bem\u00fcht sich deshalb in guter Manier zu informieren, damit sie beim Bauen, Graben und Werkeln im Wald nicht gef\u00e4hrdet sind. Ebenso gehen die Pfadfinder ihrerseits achtsam mit dem Altholz R\u00fctibuck um.<\/p> Insgesamt z\u00e4hlen die Ortsb\u00fcrger- und Einwohnergemeinde 29 Naturschutzobjekte zu ihren Steckbrieffl\u00e4chen. Dabei handelt es sich um Wald- oder Wiesenlandschaften, die spezielle Funktionen f\u00fcr den Erhalt bestimmter Arten und zur F\u00f6rderung der Biodiversit\u00e4t \u00fcbernehmen. Ziel dabei ist es, landschaftliche und siedlungs\u00f6kologische Qualit\u00e4ten zu erhalten und weiterzubringen. Um diese Ziele zu erreichen, arbeiten die Stadt und die Ortsb\u00fcrger fortlaufend f\u00fcr den Naturschutz im\u00a0Badener Wald<\/a>. Von der M\u00fcseren her kamen sie und stahlen sich \u00fcber die Hohmatt heimlich durchs Unterholz, beim Brenntrain \u00fcbers K\u00fchstelli bis zum R\u00fctibuck. Was sich wie ein Ausschnitt aus einem alten Gnomen-M\u00e4rchen anh\u00f6rt, beschreibt nicht etwa mystische Orte, an denen man Trolle, Zwerge oder Feen antrifft. Es sind reale Waldgebiete: die Naturschutzobjekte von Baden.
Um zu verstehen, wie dieser Wald entstand, dreht Pius Moser die Uhr etwas zur\u00fcck. Eigentlich sei es schon immer ein Feuchtgebiet gewesen, das bis ungef\u00e4hr Mitte des 19. Jahrhunderts als Viehweide genutzt wurde. Sp\u00e4ter ab 1870 folgte eine Umnutzung: Kan\u00e4le wurden gegraben, um Wasser abfliessen zu lassen und Fichten \u00fcbernahmen die wirtschaftliche Hauptfunktion. Das ertragreiche Bauholz \u00fcberdeckte das Gebiet monokulturell und galt damals als lukrative Einnahmequelle. Bis Holz im 20. Jahrhundert an Wert verlor.
Als in den fr\u00fchen 90er Jahren Naturschutz immer wichtiger wurde, begann man Biotope anzulegen, in allen Varianten. Kleine bis gr\u00f6ssere Laichgew\u00e4sser, offene Wiesenfl\u00e4chen, Baumhaine mit Pioniergeh\u00f6lze \u2013 die Unterschiede sind wichtig f\u00fcr die Vielfalt. Ebenso die Pflege, sagt der Forstwart: \u201eWir m\u00e4hen jedes Jahr das Gras, damit die Weiher nicht zuwachsen und Neophyten nicht zu stark Fuss fassen.\u201c Und rund alle 10 Jahre m\u00fcssen auch Weiher neu gebaggert werden. Das Ganze ist mosaikartig angelegt, denn es geht um Vielfalt und nicht um einzelne Arten.<\/p>Ein Gnom haust im Naturwaldgarten<\/h3>
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Nr. 14 F\u00f6hrenwiese Hohmatt<\/h3>
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W\u00e4hrend den letzten 20 Jahren vergr\u00f6sserte das Forstamt die Wiesen langsam in drei Phasen und f\u00f6rderte damit eine zunehmende Vielfalt. Dazu geh\u00f6ren heute sechs Orchideenarten.<\/p> \u00a0<\/p>
Orchideen auf magerem Boden<\/h3>
Dank dieser Massnahmen nennen heute sechs Orchideenarten die Hohmatt ihr Zuhause. M\u00f6chte man im Fr\u00fchling und Fr\u00fchsommer also sagenhaften Wesen begegnen, so trifft man hier auf das quirlig benannte Fuchs\u2018 Knabenkraut, das flugunf\u00e4hige Weisse Waldv\u00f6gelein oder den seltenen Frauenschuh.<\/p>\u00a0Fuchs Knabenkraut<\/span><\/p>
\u00a0Weisses Waldv\u00f6gelein<\/span><\/p>
\u00a0Frauenschuh<\/span><\/p>
Nr. 4 Altholz R\u00fctibuck<\/h3>
\u00a0Ziel dabei ist es, diejenigen Arten zu f\u00f6rdern, die auf Alt- und Totholz angewiesen sind. Somit tummeln sich in diesem Waldst\u00fcck nebst sogenannten Totholzk\u00e4fern noch diverse Holzpilze sowie Gr\u00fcn- und Schwarzspechte. Diese bauen sich gerne Bruth\u00f6hlen in den Abbruchstellen heruntergefallener \u00c4ste.<\/p> \u00a0<\/p>
Zeugnisse einer anderen Art<\/h3>
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Erfolgreicher Naturschutz seit 1994<\/h3>
Die Hege und Pflege des Forstamts wirkt sich demnach erfolgreich auf die Vielfalt in und um die Stadt aus. Und Baden kann somit nach 25 Jahren stolz auf ihre Wald- und Wiesenlandschaft blicken. Alles zum Richtplan Natur und Landschaft der Stadt Baden finden Sie\u00a0hier<\/a>.<\/p>\t\t\t\t\t\t<\/div>\n\t\t\t\t<\/div>\n\t\t\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/div>\n\t\t\t\t\t<\/div>\n\t\t<\/section>\n\t\t\t\t<\/div>\n\t\t","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
\nAuf dem Rundgang mit Forstwart Pius Moser besuchen wir drei dieser Objekte und wer weiss, vielleicht treffen wir doch das eine oder andere sagenhafte Wesen an.<\/p>\n","protected":false},"author":40,"featured_media":5507,"comment_status":"open","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[6],"tags":[],"class_list":["post-5490","post","type-post","status-publish","format-standard","has-post-thumbnail","hentry","category-naturschutz"],"aioseo_notices":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/umweltblog.baden.ch\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/5490","targetHints":{"allow":["GET"]}}],"collection":[{"href":"https:\/\/umweltblog.baden.ch\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/umweltblog.baden.ch\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/umweltblog.baden.ch\/wp-json\/wp\/v2\/users\/40"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/umweltblog.baden.ch\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=5490"}],"version-history":[{"count":3,"href":"https:\/\/umweltblog.baden.ch\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/5490\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":21846,"href":"https:\/\/umweltblog.baden.ch\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/5490\/revisions\/21846"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/umweltblog.baden.ch\/wp-json\/wp\/v2\/media\/5507"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/umweltblog.baden.ch\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=5490"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/umweltblog.baden.ch\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=5490"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/umweltblog.baden.ch\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=5490"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}