
Neugestaltung der Biodiversitätsfläche Schellenacker
Zustand Vorher
Vor rund 10 Jahren wurde die Fläche beim Schellenacker bereits einmal umgestaltet (Wildbienen im Kappelerhof). Damals wurde aus einer Rasenfläche mit Hecke eine naturnah gestaltete Fläche. Dabei wurde speziell auf die Ansprüche der Wildbienen geachtet. Es wurden kleine Strukturen aus Steinen und Holz geschaffen und die Fläche wurde mit verschiedenen Blühpflanzen bepflanzt.
Mit den Jahren haben sich einige Arten (z.B. Oregano (Origanum vulgare)) als dominanter als andere erwiesen. Diese Arten beanspruchten die Fläche für sich und überwucherten alles wie ein Teppich. Aus der grossen Anzahl an verschiedenen Arten wurden mit der Zeit nur noch wenige dominante. Durch den üppigen Wuchs wurden die wenigen Strukturen aus Holz und die angelegte Sandlinse nur wenig besonnt, was ihre ökologische Funktion negativ beeinträchtigte.
Ziel der neuen Gestaltung
Die neue Gestaltung des Schellenackers soll einen Lebensraum nach einem Bergsturz simulieren. Viel Geröll und entwurzelte Bäume. Dies soll durch Wandkies und abgeholzte Bäume aus der Region geschehen. Dazu gibt es eine Bepflanzung aus vielen verschiedenen Stauden, die diese steinigen Bedingungen mögen.

Das Alte wird entfernt
Da die neue Gestaltung des Schellenackers die Fläche von Grund auf verändern sollte, wurde zuerst die alte Bepflanzung entfernt. Dabei wurden einige nicht wuchernde Arten, wie der Rainfarn (Tanacetum vulgare) und die Karthäuser-Nelke (Dianthus carthusianorum), in der Fläche belassen. Aus einigen der entfernten Pflanzen und aus dem Pflegeschnitt der Weide (Salix) wurde ein Asthaufen angefertigt.

Während der Arbeit wurde in der Fläche das Vorkommen diverser Tiere festgestellt. So hat es viele erdnistende Wildbienen, diverse Schneckenarten und Blindschleichen. Die Wildbienen haben auch während der Umbauarbeiten den offenen Boden rege genutzt, um Gänge ins Erdreich anzulegen. Im Video können Sie eine Sandbiene (Andrena) im offenen Boden der Fläche beim Schellenacker bei dieser Arbeit beobachten.
Holz aus dem Badener Wald
Die Gestaltung der neuen Fläche startete mit dem Platzieren von grossen Stämmen und Wurzelstöcken. Die Bäume wurden vom Stadtforstamt im Rahmen ihres Holzschlags zur Verjüngung des Waldes (Aktuelle Holzschläge im Badener Wald) gefällt. So konnte das Holz lokal bezogen werden. Dies hat die Vorteile, dass der Lieferweg zum Schellenacker kurz ist und, dass die Insekten und Pilze, die bereits im und am Stamm leben, von Baden sind.
Die Stämme und Wurzelstöcke wurden mit grosser Sorgfalt platziert. Das Ziel war es, dass Insekten darin leben können, Reptilien sich darauf sonnen können und kleine Säugetiere sich darunter einnisten können. Dazu wurden sie so platziert, dass zwischen und unter ihnen jeweils Lücken und Höhlen entstanden.


Der Stamm ist bereits von Pilzen befallen und beginnt sich zu zersetzen – ideal für Insekten. Viele Arten sind angewiesen auf Totholz, da sie ihre Eier im Holz ablegen. Die Larven verbringen dann oft mehrere Jahre darin, was dem grössten Teil ihres Lebens entspricht, bis sie sich zu den vollständig geformten Insekten umwandeln. Weitere Infos unter: Totholz als Lebensraum für Insekten.
Mit Wandkies wird das Terrain modelliert
Nach dem Holz wurde Wandkies im Schellenacker verteilt. Wandkies ist ein Gemisch aus verschieden grossen Steinen. Die grössten Steine sind faustgross, die kleinsten feiner Sand. Zu Beginn sieht die Mischung noch ein bisschen aus wie Bauschutt. Doch durch Regen und Wind werden die kleinen Körner abgewaschen und fallen nach unten zwischen die grösseren Steine, welche dann ihre eigentliche Farbe preisgeben.
Das Wandkies wurde extra in keinen Hügeln arrangiert, um so das Gelände interessanter und abwechslungsreicher zu gestalten. Jeder kleine Hügel hat eine besonnte und eine schattige Seite. Beide Seiten haben dementsprechend unterschiedliche Temperaturen und trocknen unterschiedlich schnell aus. Auf der Schattenseite ist es meist ein wenig kühler und feuchter. Auf der Sonnenseite ist es wärmer und trockener. Daraus entstehen viele verschiedene Mikroklimas, in denen sich unterschiedliche Pflanzen und Tiere wohl fühlen.
Das Wandkies wurde auch strategisch um die Baumstämme platziert. So wurde es eingesetzt, um die Zwischenräume unter dem Holz nach aussen abzuschliessen und so richtige kleine Höhlen zu formen. Diese werden gerne von Igeln oder Wieseln genutzt. Ebenfalls wird das Kies an und auf den Stämmen den Witterungsprozess am Holz beeinflussen, was wiederum eine Diversität an Lebensräumen schafft.

Neue Bepflanzung für mehr Biodiversität
Die Pflanzung basiert vollständig auf einheimischen Stauden, die von einer Gärtnerei in Untersiggenthal bezogen wurden. Insgesamt wurden über 30 verschiedene Arten ausgewählt. Um eine zu dominante Ausbreitung zu vermeiden, wurde bewusst auf Gräser verzichtet.
Die Pflanzfläche liegt unter einer Eiche im Halbschatten bis sonnigen Bereich. Dementsprechend wurden Arten ausgesucht, welche mit beiden Bedingungen auskommen. Die Artenzusammensetzung wurde so konzipiert, dass keine Art die andere verdrängt oder dominiert. Die Auswahl berücksichtigt gezielt den ökologischen Nutzen: Blütenpflanzen wie Braunwurz (Scrophularia), Engelwurz (Angelica) oder Glockenblumen (Campanula) bieten Nahrung für Wildbienen, Schmetterlinge und Käfer, während z. B. Fenchel als Raupenfutterpflanze für die Raupe des Schwalbenschwanzes (auch «Rüebliraupe» genannt) dient.
Gepflanzt wurde in einem lockeren Raster mit sechs Pflanzen pro Quadratmeter – deutlich weniger als üblich (8–12 Pflanzen), um insbesondere grösseren Stauden ausreichend Raum zur Entwicklung zu geben. Der Fokus liegt auf dem Endzustand der Fläche, nicht auf einer sofort dichten Bepflanzung.
Die Stauden wurden gepflanzt, nicht gesät, damit sicher alle Arten in der gewünschten Zusammensetzung vorhanden sind. In Zukunft sollen sie sich selbst versamen und eine natürliche Dynamik entwickeln können. Spontan aufkommende Vegetation ist willkommen, solange sie die gesetzten Arten nicht verdrängt. Die Fläche wird von Personen mit fundierten Pflanzenkenntnissen gepflegt, die gezielt eingreifen, ohne die natürliche Entwicklung zu stören. Sie entfernen problematische Pflanzen und schneiden die verblühten Stauden im Frühjahr zurück.


Nach einigen Wochen Sonne und Regen ist die Fläche bereits deutlich grüner. Die belassenen Pflanzen blühen und die neuen beginnen mit dem Wachstum. Es wird jedoch ungefähr zwei Jahre dauern, bis alle Pflanzen ihr volles Potenzial erreicht haben.



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