Beim Schulhaus Meierhof, eine idyllische Quartierschule am Rande von Baden, regnet es heute wieder einmal. “Leider,” bemerkt Frau Wenger, “so wie jeden Donnerstag.” Donnerstag ist eben Gartentag. Und der neue Gemeinschaftsgarten der Schule Meierhof pflegt sich nicht von selbst. Sechs Klassen der Primarschule kümmern sich seit geraumer Zeit um den hundert Quadratmeter großen Garten.

Entdeckergeist

Die sieben Kinder der ersten Gruppe versammeln sich um Frau Wenger, sichtlich aufgeregt und voller Energie. Sie tragen Gummistiefel in den schillerndsten Farben. Trotz des Regens ist spürbar, dass die Kinder endlich in den Garten wollen. “Wir holen jetzt unser Werkzeug, das wir später im Garten brauchen werden.” Die Kinder wissen genau, wo sie hinmüssen und eilen los. Die meisten rüsten sich mit einer kleinen Gartenschaufel, einige tragen einen Bottich mit neuen Setzlingen, und dann machen sie sich auf den Weg in den Garten. Unterwegs bleiben wir an einer Stelle stehen, wo eine alte Entwässerungsrinne aus dem Boden ragt. “Das haben die Kinder in archäologischer Feinarbeit freigelegt!”, erklärt mir Frau Wenger den Tumult.

Weinbergschnecke

Es dauert nicht lange, bis die nächste Aufregung in der Gruppe aufkommt. Ein Kind entdeckt eine Schnecke. Sofort entbrennt ein fachkundiges Gespräch über Gehäuseschnecken, und die Art wird schnell bestimmt: Eine Weinbergschnecke! “Die Weinbergschnecke ist nützlich!”, meint jemand zu wissen. Warum? Darauf hat niemand eine Antwort. Jetzt kommt Frau Wengers Erklärungstalent zum Einsatz. Sie erzählt von den verschiedenen Schnecken im Garten und wie diese abgestorbenes Pflanzenmaterial verwerten. Alles in kleinen Häppchen, gut verpackt in den Kontext und anschaulich bebildert durch eine lebendige Weinbergschnecke. Die ausgebildete Naturpädagogin macht die Natur manchmal riechbar, teilweise tastbar oder fühlbar – aber immer greifbar. So gewinnt sie die volle Aufmerksamkeit ihrer sieben Gartengehilfen.

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Bildquelle: Pascal Aeschimann

Gartenarbeit

Nun wendet sich Frau Wenger dem Garten zu. “Überall liegen kleine, weisse Schildchen mit Pflanzennamen darauf. Ihr sucht die und lest mal was dort steht. Dann schaut ihr, ob schon eine Pflanze zu sehen ist.” Für einen Jungen, der noch Deutsch lernt, hat Frau Wenger auch Schilder mit dem Namen der jeweiligen Objekte hingelegt. Die Kinder helfen einander möglichst viele dieser Schilder zu entdecken und unterstützen den Jungen, die Worte richtig auszusprechen. Nun stellt Frau Wenger die entscheidende Frage: “Weshalb seht ihr bei einigen Pflanzennamen bereits eine grosse Pflanze und bei anderen noch nichts?” Darauf haben die Kinder keine Antwort. Ratlos schweifen einige Blicke der Kinder zu mir, in der Hoffnung, ich könnte auch noch etwas zur Gesamtleistung des Teams beitragen. Dem war leider nicht so.

Säen und Setzen

“Säen und Setzen, das sind zwei wichtige Begriffe im Garten.” Frau Wenger erinnert ihre Schulkinder an die vergangenen Stunden im Garten. Nachdem der grosse Garten in diesem Frühling durch die Gärtnerei Toni Suter im Auftrag der Stadt angelegt wurde, konnten sie auf den bereits errichteten Beeten mit der Aussaat beginnen. Einige Kräuter und Stauden haben sie dann direkt gesetzt, wie beispielsweise Melisse, Salbei und Himbeeren. Andere Pflanzen wurden angesät und sind dementsprechend noch nicht durch die dicke Mulchschicht aufgekommen.

Die Himbeeren am hinteren Ende des Gartens bekommen neue Nachbarn. “Erdbeeren!”, der Sprechchor der Kinder ist sich sicher. Die Kinder graben mit ihren Schaufeln ein kleines Loch, setzen die Erdbeerensetzlinge behutsam hinein und drücken die Erde ein wenig an. Den meisten macht es sichtlich Spass mit den blossen Händen in der Erde zu wühlen. Und für diejenigen, die finden: “ÄHH, gruuusig.”, sind die Handschuhe die Rettung.

“Die Kinder haben schon Anfangs Frühling Erdbeeren in die Schule genommen. Hier können sie durch Mitarbeit und Beobachten erfahren, was zu welcher Zeit natürlicherweise im Garten wächst.” erklärt mir Frau Wenger den Hintergrund der Pflanzaktion.

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Bildquelle: Pascal Aeschimann

Und was meinen die Kids?

Die Gartenarbeit ist den Kindern nicht fremd. Bereits vor zwei Jahren hat Frau Wenger einen kleineren Garten auf dem Schulhausgelände ins Leben gerufen. Der kleine Garten besteht aus drei Beeten, auf denen schon alles Mögliche angepflanzt wurde. “Mega cool!”, ist die Reaktion, wenn man die Kinder nach ihrer Meinung zu den Gärten fragt. Das Draussen-Sein sei eine willkommene Abwechslung zu Schulalltag im Klassenzimmer. 

Letzte Saison haben sie Mais angebaut. Der geerntete Mais wurde zu PopCorn verarbeitet, das sie dann in den Pausen gegessen haben. Auch Kürbissuppe stand schon im Angebot. “Dafür arbeitet man gerne im Beet! Und man kann dabei viel lernen.”, meint ein Zweitklässler, der bereits ein Jahr Gartenerfahrung hat. Ich muss gestehen: Ich bin ein wenig neidisch auf diese Erfahrungen in der Schule. Aber ich gönne ihnen die dreckigen Hände und das verschmitzte Lächeln auf dem Gesicht nach der Arbeit im Garten.

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