Lebenszyklusanalyse von Schweizer Solaranlagen
Die Installation von Solaranlagen hat in der Schweiz in den letzten Jahren stark zugenommen. In den letzten 5 Jahren hat sich die jährliche Solarstromproduktion mehr als verdoppelt. In 2023 waren dies 4,624 GWh, und dieses Jahr wird erstmals Solarenergie mehr als 10 % des nationalen Jahresbedarfs liefern. Als Teil der nationalen Strategie zur Reduktion von CO2-Emissionen spielen erneuerbare Energien eine immer wichtigere Rolle. Doch wie umweltfreundlich sind Solaranlagen wirklich?
Um dies zu beantworten, ist eine detaillierte Lebenszyklusanalyse (LCA) notwendig, die den gesamten Lebenszyklus von Solaranlagen betrachtet – von der Herstellung über die Nutzung bis hin zur Entsorgung. In diesem Bericht werfen wir einen genauen Blick auf die einzelnen Phasen und analysieren deren Auswirkungen auf die Umwelt. Zusätzlich vergleichen wir die Umweltbilanz der Photovoltaik mit anderen Energiequellen, um ihre relative Nachhaltigkeit zu bewerten.
Herstellung von Solaranlagen
Die Herstellung von Solarmodulen ist der erste Schritt im Lebenszyklus einer Solaranlage. Dieser Prozess erfordert den Einsatz einer Vielzahl von Materialien und Ressourcen, darunter Silizium, Glas, Aluminium und in einigen Fällen auch seltene Erden. Silizium, das Hauptmaterial für die Solarzellen, wird in einem energieintensiven Prozess aus Quarzsand gewonnen. Diese hohe Energieanforderung ist ein wesentlicher Faktor in der Umweltbilanz der Herstellung.
Neben dem Materialeinsatz ist der Energieverbrauch bei der Produktion der Solarmodule von grosser Bedeutung. Die Herstellung von Siliziumwafern, die später zu Solarzellen verarbeitet werden, ist besonders energieaufwendig. Auch der Zusammenbau der Module aus den verschiedenen Materialien erfordert einen erheblichen Energieeinsatz. Diese Energie stammt häufig noch aus fossilen Brennstoffen, was zu CO2-Emissionen und anderen Schadstoffen führt.
Wenn Solarmodule in der Schweiz anstelle von China produziert werden, verbessert sich die CO2-Bilanz erheblich. Eine Studie des Fraunhofer Instituts für Solarenergie zeigt, dass die CO2-Emissionen bei der Produktion in Europa aufgrund des geringeren Anteils fossiler Energieträger im Energiemix etwa 30 % tiefer sein können. Allerdings werden die Siliziumwafer, ein zentraler Bestandteil der Module, oft nach wie vor in Asien produziert, selbst wenn die Module in der Schweiz assembliert werden, was die CO2-Einsparungen teilweise reduziert.
Die während der Herstellung entstehenden Emissionen sind ebenfalls ein kritischer Aspekt der LCA. Neben CO2 werden auch andere Schadstoffe wie Stickoxide und Schwefeldioxid freigesetzt, die zur Luftverschmutzung beitragen und die Umwelt belasten.
In modernen Produktionsanlagen werden SO2-Emissionen stark reduziert, da fortschrittliche Filtertechnologien zum Einsatz kommen. Diese Filter entfernen bis zu 95 % des Schwefeldioxids, das bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe entsteht, bevor es in die Atmosphäre gelangt. Die verbleibenden Emissionen sind in der Regel gering und unterliegen strengen Umweltauflagen.
Nutzung von Solaranlagen
Während ihrer Nutzungsphase erzeugen Solaranlagen Energie und tragen so zur Reduktion von CO2-Emissionen bei. Doch wie viel Energie wird tatsächlich produziert, und welche Faktoren beeinflussen diese Menge? In der Schweiz variiert die Energieerzeugung stark je nach Region und klimatischen Bedingungen. In sonnenreichen Gebieten wie dem Wallis oder dem Tessin produzieren Solaranlagen deutlich mehr Energie als in den Nebelregionen des Mittellands.
Neben der Energieerzeugung sind auch Wartung und Betrieb der Solaranlagen mit Umweltwirkungen verbunden. Der Energieaufwand für die regelmässige Reinigung der Module, die Wartung der elektrischen Systeme und der Austausch defekter Teile trägt zur Gesamtumweltbilanz bei. In der Regel ist dieser Aufwand jedoch relativ gering und vernachlässigbar im Vergleich zur Energie, die während der Nutzungsdauer erzeugt wird.
Die Effizienz der Solarmodule ist ein weiterer entscheidender Faktor. Moderne Solaranlagen erreichen mittlerweile Wirkungsgrade von über 20 %, was bedeutet, dass ein Fünftel der einfallenden Sonnenenergie in elektrische Energie umgewandelt wird. Diese Effizienz kann jedoch durch Verschmutzungen, Alterung und technische Defekte beeinträchtigt werden. Eine regelmässige Wartung ist daher notwendig, um die Leistung der Anlage über ihre gesamte Lebensdauer hinweg zu maximieren.
Die Forschung im Bereich der Solartechnologie hat Wirkungsgrade von über 26 % in Laborbedingungen erreicht. Kommerziell verfügbare Premium-Solarmodule erzielen derzeit Wirkungsgrade von bis zu 22–23 %. Im Vergleich dazu liegen die Wirkungsgrade von preisgünstigeren Modulen typischerweise bei 15–17 %. Diese Unterschiede sind hauptsächlich auf die Qualität der verwendeten Materialien und die Effizienz der Herstellungsprozesse zurückzuführen.
Vergleich mit anderen Energiequellen
Ein entscheidender Aspekt der Lebenszyklusanalyse ist der Vergleich der CO2-Bilanz von Solaranlagen mit anderen Energiequellen. Photovoltaikanlagen schneiden im Vergleich zu fossilen Brennstoffen wie Kohle und Erdgas deutlich besser ab. Während fossile Kraftwerke über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg hohe Mengen an CO2 und anderen Schadstoffen freisetzen, sind die Emissionen bei Solaranlagen hauptsächlich auf die Herstellungsphase beschränkt. Über die gesamte Lebensdauer betrachtet, ist die CO2-Bilanz von Solaranlagen deutlich geringer.
Allerdings zeigt sich, dass Photovoltaik im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien und Kernkraft hinsichtlich der CO2-Emissionen schlechter abschneidet. Hier sind einige typische Werte der CO₂-Emissionen, ermittelt in Gramm CO2-Äquivalenten pro erzeugter Kilowattstunde (Daten von Schweizerischer Energie-Stiftung, 2021):
- Photovoltaik (Solarenergie): 47 g CO2e/kWh
- Windenergie: 26 g CO2e/kWh
- Wasserkraft: 11 g CO2e/kWh
- Kernkraft: 22 g CO2e/kWh
Diese Zahlen zeigen, dass die CO2-Emissionen von Solarenergie fast zweimal höher sind als die von Windkraft und sogar über viermal höher als die von Wasserkraft. Im Vergleich zur Kernkraft liegt die Photovoltaik auch etwa zweimal höher. Diese Unterschiede resultieren vor allem aus dem energieintensiven Herstellungsprozess der Solarmodule.
Während die Photovoltaik hinsichtlich CO2-Emissionen über ihren Lebenszyklus hinweg schlechter abschneidet als Windenergie, Wasserkraft und Kernkraft, ist sie dennoch deutlich umweltfreundlicher als fossile Brennstoffe. Photovoltaik ist insbesondere in Regionen mit viel Sonnenschein eine sinnvolle Ergänzung im Energiemix, auch wenn sie in der Schweiz unter weniger idealen klimatischen Bedingungen betrieben wird.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die CO2-Bilanz nicht das einzige Kriterium für die Umweltverträglichkeit einer Energiequelle ist. Kernkraftwerke, obwohl sie relativ niedrige CO2-Emissionen aufweisen, sind mit anderen erheblichen Umwelt- und Sicherheitsrisiken verbunden, einschliesslich der langfristigen Lagerung von radioaktiven Abfällen, das Risiko schwerer Unfälle und die potenziellen Auswirkungen auf die Biodiversität durch den Betrieb und die Entsorgung.
Das Potenzial zur Reduktion der CO2-Emissionen von Photovoltaikanlagen ist weiterhin erheblich, doch der aktuelle Wert von 47 g CO2e/kWh stellt bereits eine bemerkenswerte Verbesserung dar. Vor 15 Jahren lag dieser Wert noch bei über 80 g CO2e/kWh. Laut Studien könnte der aktuelle Wert durch den Einsatz von Dünnschicht-Solarzellen, insbesondere CIGS-Solarzellen (Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid), auf etwa 20 g CO2e/kWh reduziert werden. Allerdings machen Dünnschicht-Solarzellen derzeit nur etwa 5 % des gesamten Marktanteils aller Solarzellentechnologien aus.
Entsorgung von Solaranlagen
Am Ende ihrer Lebensdauer müssen Solarmodule entsorgt werden. Der Grossteil der Materialien kann recycelt werden, was die Umweltbelastung erheblich reduziert. Glas und Aluminium lassen sich nahezu vollständig wiederverwenden, während das Recycling von Silizium und seltenen Erden komplexer und energieintensiver ist. Dennoch sind die Recyclingprozesse für Solarmodule in den letzten Jahren erheblich verbessert worden, sodass ein Grossteil der Komponenten wieder in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden kann.
Nicht alle Teile eines Solarmoduls sind jedoch recycelbar. Die Entsorgung dieser nicht-recycelbaren Komponenten stellt eine Herausforderung dar. Insbesondere Kunststoffe und bestimmte chemische Verbindungen, die in den Modulen verwendet werden, können Umweltprobleme verursachen, wenn sie nicht sachgerecht entsorgt werden. Hier sind innovative Lösungen gefragt, um die Umweltauswirkungen zu minimieren.
Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass technologische Innovationen das Potenzial haben, die Nachhaltigkeit von Solaranlagen weiter zu verbessern. Neue Materialien, effizientere Produktionsprozesse und fortschrittlichere Recyclingmethoden könnten dazu beitragen, die Umweltbilanz von Solaranlagen weiter zu optimieren.
Schlussfolgerung
Die Lebenszyklusanalyse von Solaranlagen zeigt, dass diese Technologie trotz ihrer Umweltvorteile nicht ohne Herausforderungen ist. Die Herstellung der Module ist energieintensiv und mit CO2-Emissionen verbunden, während die Entsorgung der Module am Ende ihrer Lebensdauer ebenfalls Umweltprobleme verursachen kann. Dennoch überwiegen die ökologischen Vorteile von Solaranlagen, insbesondere in der Nutzungsphase, in der sie erneuerbare Energie erzeugen und so zur Reduktion von Treibhausgasemissionen beitragen.
Im Vergleich zu fossilen Energiequellen ist die Photovoltaik über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg deutlich umweltfreundlicher, und auch im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien steht sie gut da, wenn auch mit spezifischen Vor- und Nachteilen. Zwar schneiden Wasser- und Windkraft hinsichtlich der CO2-Bilanz und Emissionen besser ab, jedoch ist das Ausbaupotenzial für Wasserkraft in der Schweiz weitgehend ausgeschöpft, und der Ausbau von Windenergie stösst auf erheblichen Widerstand in der Bevölkerung. Vor diesem Hintergrund bleibt die Photovoltaik die einzige erneuerbare Energiequelle mit einem erheblichen Potenzial für einen massiven Ausbau in der Schweiz.
Um die Umweltbilanz von Solaranlagen weiter zu verbessern, sind kontinuierliche Innovationen in der Produktion, Nutzung und Entsorgung notwendig. Durch den Einsatz erneuerbarer Energien in der Herstellung, die Optimierung von Recyclingprozessen und die Entwicklung langlebigerer Module kann die Nachhaltigkeit dieser Technologie weiter gesteigert werden. Solaranlagen sind und bleiben ein zentraler Bestandteil der Energiewende in der Schweiz – doch wie bei jeder Technologie ist es wichtig, ihre Umweltfreundlichkeit ständig zu überprüfen und zu verbessern.