Bäume in der Stadt haben es nicht leicht. Wir werfen einen Blick in die Lebensbedingungen von Bäumen in Badens Innenstadt  – mit den fachkundigen Augen von Daniel Hagenbuch.

Beim Schlendern entlang der Bruggerstrasse fiel mir gleich auf, wie wenig Platz Bäume eigentlich haben. Stadtbäume leben hier unter harten Bedingungen: Hitzeentwicklung durch den Asphalt oder schlechte Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit durch Versiegelung oder Bodenverdichtung. Ich lief bis zum Schmiedeplatz, wo ich Daniel Hagenbuch vom Team Grünanlagenunterhalt des Werkhofes der Stadt Baden traf. Seit Mitte August 2022 betreut und pflegt er im Team sämtliche öffentliche Grünanlagen. Er ist Experte für die Auswahl, Pflanzung und den Unterhalt vom Stadtgrün. Dazu gehören auch Park- und Strassenbäume. In den folgenden Fotos habe ich paar Beispiele davon festgehalten, wie Bäume in der Stadt leben müssen.

Baumrondell auf dem Schlossbergplatz
Entsiegelung beim Löschwasserbecken
Einzelbaum beim Parkhaus Coop City
Vorbildlich
Ein gutes Beispiel für die Entsiegelung und ökologische Aufwertung im Siedlungsraum.
Einzelbaum beim Trafoplatz
Ein Schritt Richtung Entsiegelung. Jedoch belasten die Giftstoffe aus den Zigarettenfiltern diesen Baum.
Kein Platz für diesen Baum
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Warum haben es Bäume in der Stadt so schwer?

Gerade auf zugebauten Flächen und an Strassen fallen verschiedene herausfordernde Bedingungen zusammen. Das sind gemäss Daniel Hagenbuch zum einen die wechselnden Wetterbedingungen wie Hitzebelastung, Kälte, unterschiedliche Lichteinflüsse oder Wind. Zum anderen ist das Bodenleben weniger gesund als in Parks und Wäldern, wo Laub fällt, sich zersetzt und so wieder Nährstoffe eingebracht werden. Diesen natürlichen Kreislauf gibt es in der Stadt meist nicht.

Ein Grossteil der urbanen Flächen ist  durch Asphalt versiegelt. Auch die Raumbeanspruchung der Wurzeln wird oft unterschätzt. Die Wurzeln haben beispielsweise durch Rohre, Leitungen oder Asphalt oft zu wenig Platz. Hundeurin, Streusalz, oder Abfälle (z. B. Giftstoffe aus Zigarettenfiltern) belasten die Bäume und den Boden zusätzlich. All diese Belastungen führen zu einer beschränkten Lebensdauer der Stadtbäume. Ein Baum sollte aber möglichst lange leben können, um seine Funktionen voll auszuschöpfen.

Die Arealstatistik vom BFS zur Versiegelung von Flächen zeigt: In Baden sind 21.1 % der Gemeindefläche versiegelt. Im Vergleich dazu steht Turgi mit 30.9 % und Wettingen mit 25.9 % da. 

Bäume übernehmen in der Stadt lebenswichtige Funktionen

Zunächst ist es wichtig zu verstehen, wieso Bäume in der Stadt denn so wichtig sind. Sie übernehmen wichtige Funktionen für uns Menschen und auch Tiere und Pflanzen. Sie kühlen durch Verdunstung und spenden Schatten, was infolge des Klimawandels und in Hitze-Hotspots bedeutend ist. Zudem speichern sie Wasser, produzieren sie Sauerstoff, und reinigen sie die Luft. Bäume tragen daher stark zu einem angenehmen Stadtklima und einer guten Lebensqualität in Baden bei. Schliesslich dienen sie Tieren und Pflanzen als Lebensraum und als Trittsteine der Vernetzung von ökologisch wertvollen Flächen. Fazit: Wir wollen möglichst viele – und gesunde – Bäume in der Stadt. Und das erreichen wir auch nur gut zusammen mit einer Entsiegelung und einer Prioritätensetzung. Ich erfahre von Daniel Hagenbuch, dass er alle Bäume gleichermassen gut pflegen wollte. Eine Priorisierung muss auch Daniel Hagenbuch vornehmen, denn die zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Ressourcen reichen nicht aus, um allen Stadtbäumen gerecht zu werden.

Entsiegelung von Flächen: gesündere Böden, gesündere Bäume

Kürzlich wurde das Projekt zur Entsiegelung am Schmiedeplatz umgesetzt. Die Entsiegelung von Flächen ist eines von vielen Zielen zur ökologischen und klimatischen Aufwertung im Freiraumkonzept 2022 der Stadt Baden. Bei der Sanierung wurden grosszügig Asphaltflächen, Metalleinfassungen und Betonplatten entfernt. Früher meinte man es gut: Dicke Betonplatten sollten den Druck von schweren Fahrzeugen abfangen und so den Wurzelraum schützen. Das würde heute nicht mehr so gemacht werden. Als nächstes ist baumgerechtes Bodensubstrat wichtig, betont Daniel Hagenbuch. Den Bäumen sollen bereits bei der Pflanzung gute Voraussetzungen für ein gesundes Wachstum mitgegeben werden (siehe Merkblatt Nachhaltige Baumpflanzungen). Beim Schmiedeplatz wurde deshalb ein sehr kiesiger Untergrund gewählt und den Bäumen ein artgerechtes Grubensubstrat in einer angemessen grossen Grube gegeben. Der Beitrag zur Entsiegelung liegt hier bei der Durchlässigkeit des Kiesbelages von Wasser, Luft und Nährstoffen des Kiesbelages. Die vorhandenen, wärmetoleranten Silberföhren, Linden, Ahorne, Pappeln, Kornelkirschen und Vogelbeeren können sich über die verbesserten Lebensbedingungen freuen. Abgerundet wird das ganze durch eine Wildblumenmischung.

Im Merkblatt Nachhaltige Baumpflanzung der Stadt Baden sind Vorgaben von der Pflanzung bis zum Schutz ersichtlich. 

Im Freiraumkonzept 2022 der Stadt Baden werden Flächen oder Quartiere u.a. auch danach bewertet, wie hoch der Anteil Bäume ist. Das Konzept enthält auch Entsiegelungspläne.

 

Bei der Entsiegelung des Schmiedeplatzes mussten etwa 1/3 der Bäume ersetzt werden, weil sie krank waren. Besser jetzt als später, denn die neuen Bäume brauchen 10 – 15 Jahre, bis sie ihre Funktionen vollständig erfüllen. Dabei überlegt sich Daniel Hagenbuch immer folgendes bei der Auswahl der Pflanzen: Was ist standortgerecht? Was funktioniert? Was braucht wenig Pflege, Eingriffe, Schnitt? Das ist nicht immer einfach. Zum vorsorglichen Baumschutz kann es auch passieren, dass Äste  abgesägt werden, die einem LKW im Weg sind. So wird verhindert, dass bei einer Kollision keine Äste abgerissen werden, was weitreichendere Verletzungen am Baum zur Folge hätte – ähnlich einem abgerissenen Nagelhäutchen am Finger.  Interessant war es auch von Daniel Hagenbuch zu erfahren, dass Entsiegelung in gewissen Fällen auch schon geschadet hat. In Aarau wollte man um schwache Bäume herum entsiegeln, Asphalt wurde herausgenommen. Diese Bäume standen nicht mehr lange, denn die Bäume hatten durch mehr Bodenverdunstung plötzlich sogar weniger Feuchtigkeit im Boden. Die richtige Entscheidung zu treffen ist deshalb nicht einfach und viele Faktoren müssen einbezogen werden.

Der Schmiedeplatz vor der Sanierung / Entsiegelung
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Aufgebrochener Asphalt: Wurzeln kommen zum Vorschein
Dicke Betonplatten mit Metalleinfassungen wurden entfernt
Neuer Kiesbelag anstatt Asphalt
Schmiedeplatz nach der Sanierung
Bäume haben mehr Platz im Wurzelraum, die Durchlässigkeit im Boden für Wasser, Luft und Nährstoffe ist verbessert.
Metalleinfassungen mit Betonplatte
Bäume neben dem Schmidedeplatz: Der Wurzelraum hat wenig Platz, rundum befindet sich Asphalt.
Wurzeldurchbrüche
Wenigstens wurden hier Löcher zur Durchlässigkeit gebohrt.
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Fazit und Ausblick

Bäume haben in der Stadt einen schweren Stand aufgrund ungeeigneter Lebensbedingungen. Da Bäume lebenswichtige Funktionen für uns Menschen, Flora und Fauna übernehmen, ist der sorgsame Umgang mit Bäumen, und damit zusammenhängend auch der Umgang mit dem Boden, Wasser oder dem Klima, enorm wichtig. Doch genau das ist eine komplexe Angelegenheit. Das bestehende Freiraumkonzept und die bevorstehende Nutzungsplanungsrevision zeigen die Dringlichkeit von qualitativen und quantitativen Aufwertungen im Bereich Ökologie und Klima, wobei auch auf den Schutz und die Förderung von Bäumen oder der Versieglungsgrad eingegangen wird. Mehr dazu kann im Freiraumkonzept 2022 der Stadt Baden nachgelesen werden. Auch das Konzept der Schwammstadt ist interessant, wenn es um die Entsiegelung geht. Dazu wird es bald einen Artikel geben.

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