Im frühen November lockt der Herbstwald mit einer Symphonie an Farben. Beim Spaziergang durch das Naturschutzgebiet Teufelskeller fasziniert das Mikado von mächtigen, umgestürzten Buchen und Eschen – aber ist das nicht auch gefährlich?

Wertvolle Wildnis

Ob stehend oder liegend, das Totholz im Badener Wald fällt den aufmerksamen Waldbesuchenden auf. Zwischen den Eiszeiten war dies der Normalzustand in den Schweizer Wäldern – 20-50% der Bäume in diesen Urwäldern waren abgestorben. Was in den letzen Jahrhunderten aufgrund der Bewirtschaftung und Brennholznutzung zu einer Seltenheit im Schweizer Waldbild wurde, kehrt heute langsam in die Wälder zurück.

Auf den ersten Blick noch etwas ungewohnt, tragen Totholzelemente zur Waldästhetik bei und schaffen eine harmonische Abwechslung von Gestaltung und Wildnis. Die Besuchenden können in ein Stück Urwald eintauchen, den Wald als Andersort erleben und abschalten vom städtischen Alltag. Alte und tote Bäume strahlen eine grosse Kraft aus und vermitteln gleichzeitig eine natürliche Beständigkeit und Dynamik losgelöst von menschlichen Einflüssen.

 

Totholz ist ausserdem voll von abwechslungsreichen Strukturen und im Winter können auf morschem, feuchten Totholz aus dem Wasserspeicher im Holz feine Eisnadeln wachsen und schöne, wollartige Strukturen bilden – sogenanntes Haareis

Versteckte Lebensräume – mehr als für das Auge sichtbar

Dem Specht dient Totholz als Futterspender – er klopft holzbewohnende Insekten heraus. Höhlen in alten oder abgestorbenen Bäumen werden von Vögeln wie Meise oder Kleiber wie auch von Kleinsäugern wie Eichhörnchen oder Fledermäusen als Bruthöhlen, Wohnraum oder Winterquartier bewohnt. Liegende Stämme bieten Unterschlupf für Amphibien, Eidechsen, Blindschleichen oder Schlangen. In und auf dem Holz können neue Bäume ansamen, es wachsen Farne, Moose und Pilze in allen Farben und Formen.

Für die Waldbesuchenden kaum sichtbar, hat das Totholz wichtige Funktionen für eine weitere, unendliche Vielfalt an Lebewesen. Es gibt einerseits holzfressende (sog. xylophage) Lebewesen, andererseits solche, welche die Frasslöcher bewohnen wie zum Beispiel Holzbienen- oder wespen. 20% der mitteleuropäischen Käferarten sind für ihr Überleben auf Holz angewiesen. Die Borkenkäferart Buchdrucker hat in den letzten Jahren immer häufiger das Absterben von Fichtenbeständen mitverursacht. Die meisten Borkenkäferarten bewohnen jedoch bereits totes Holz, bohren Holzgänge und stehen so am Anfang der Holzzersetzung. Ebenfalls am Ende der Nahrungskette stehen Springschwänze, welche Holz zu Humus abbauen und für die Bodenneubildung mitverantwortlich sind.

Das Totholz steht zudem am Anfang komplexer Nahrungsketten. Insektenlarven fressen zum Beispiel Pilze, welche sie selber kultivieren und die ihnen so die Nährstoffe aus den schwerverdaulichen Holzfasern zugänglich machen. Holzwespen, welche sich mehrere Jahre im Holz entwickeln, werden ihrerseits von spezialisierten Schlupfwespen ausgenutzt, indem diese sie mit ihren Eiern versetzen.

 

Zur Förderung von Natur und dieser Vielfalt an Käfern, Pilzen und Vögeln belässt das Stadtforstamt vermehrt Totholz im Wald. Dank konsequenter Umsetzung der Forstequipe liegt die Totholzmenge sowohl in den Naturwaldreservaten als auch im Wirtschaftswald deutlich über den kantonalen Minimalanforderungen.

Teufelskeller 1
Farn auf Totholz 2

Ist das nicht gefährlich?

Natürlich können tote, morsche Bäume auch umfallen. Für Holzarbeiten in Gebieten mit Totholz ist eine gute Ausbildung und die Beurteilung dieses Risikos entscheidend für die Gewährleistung der Arbeitssicherheit. Aber wie steht es um die Sicherheit der Waldbesuchenden?

Im Stadtforstamt wird regelmässig ein auf die Strasse gefallener Ast oder ein schiefstehender Baum gemeldet. Unsere Forstequipe kann meist zeitnah den Weg wieder frei und sicher machen. Mit dem im Waldgesetz verankerten freien Betretungsrecht des Waldes geht aber gleichzeitig auch die Verantwortung der Waldbesuchenden einher. Wer bei Sturm oder heftigem Regen in den Wald geht, tut dies auf eigene Gefahr. Denn auch im stabilsten Wald kann ein geschwächter Baum umfallen.

Trotzdem können Sie beruhigt die Strassen und Wege des Badener Waldes geniessen – das Stadtforstamt hat ein gutes Auge und entfernt gefährliche Bäume, besonders rund um öffentliche Wege, Rastplätze und Infrastruktur. Wenn Ihnen trotzdem mal eine Stamm den Weg versperrt, rufen Sie einfach an (056 200 82 58) oder schreiben ein Mail an – und bei Sturm bleiben Sie lieber zuhause.

 

Bildlegende: Totholz als Lebensgrundlage für diverse Pflanzen, Pilze und Tiere (Quelle: Stadtforstamt)

Verwendete Quellen: https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/tiere-im-wald/insekten-wirbellose/totholz-als-lebensraum-fuer-insekten

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