Der winterliche Wald offenbart viele Geheimnisse, und eines der faszinierendsten Naturphänomene, das sich in dieser kalten Jahreszeit entfaltet, ist das Haareis. Auch als “Eiswolle” bekannt, besteht Haareis aus feinen Eisnadeln, die sich unter bestimmten Bedingungen auf morschem und feuchtem Totholz bilden können. Im Gegensatz zu anderen Eiskreationen, wie zum Beispiel Raureifkristallen, entsteht Haareis aus dem im Holz enthaltenen Wasser und nicht aus der Luftfeuchtigkeit.

Entstehung von Haareis

Die wissenschaftliche Erforschung des seltenen Haareises ist bisher begrenzt. Schon im Jahr 1918 beschrieb der Meteorologe Alfred Wegener Haareis auf nassem Totholz und vermutete einen “schimmelartigen Pilz” als Auslöser. Diese Annahme wurde jedoch von anderen Wissenschaftlern angezweifelt, die physikalische Prozesse, ähnlich der Entstehung von Kammeis, als Ursache annahmen.

Erst im Jahr 2008 wurde Wegeners Vermutung durch eine biophysikalische Studie von Gerhart Wagner und Christian Mätzler weitgehend bestätigt. Haareis wird demnach durch das Myzel winteraktiver Pilze, darunter Schlauch- und Ständerpilze, ausgelöst. Der aerobe Stoffwechsel dieser Pilze produziert Gase, die das leicht unterkühlte Wasser im Holz an die Oberfläche verdrängen. An der Oberfläche gefriert das Wasser und wird durch nachdrängende, ebenfalls gefrierende Flüssigkeit weitergeschoben.

Dieser faszinierende Prozess findet ausschliesslich bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt statt, wenn das Wasser im Holz noch nicht gefroren ist, aber an der geringfügig kälteren Umgebungsluft gefriert. Eine weitere Voraussetzung für die Bildung von Haareis ist eine hohe Luftfeuchtigkeit. Ist die Luft nicht ausreichend mit Wasserdampf gesättigt, sublimieren die feinen Eiskristalle kurz nach ihrer Bildung an der Holzoberfläche, und es entstehen keine langen Haareiskristalle.

Faszination und Schutz der Haareisbildung

Die Entstehung von Haareis bleibt ein faszinierendes Rätsel der Natur. Die zarten, feinen Eisnadeln, die sich wie eine frostige Wolle auf dem Totholz ausbreiten, verleihen dem winterlichen Wald eine zauberhafte Atmosphäre. Es ist erstaunlich, wie ein Zusammenspiel von Pilzen, Wasser und frostigen Temperaturen zu diesem einzigartigen Naturphänomen führt.

Es ist wichtig zu betonen, dass Haareis ein empfindliches Gebilde ist. Bei Versuchen zur Reproduktion ist es entscheidend, dass das Pilzmyzel im Holzkörper nicht abgetötet wird. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, unsere Wälder zu schützen und ihren ökologischen Reichtum zu bewahren, damit solche faszinierenden Naturerscheinungen auch zukünftigen Generationen erhalten bleiben.

Fazit

Haareis ist nicht nur ein visuell beeindruckendes Naturphänomen, sondern auch ein Beispiel für die erstaunliche Symbiose zwischen Pilzen und dem natürlichen Kreislauf des Wassers. Die Erforschung und der Schutz dieses faszinierenden Phänomens sollten uns dazu anregen, die Komplexität und Schönheit der Natur weiter zu schätzen und zu bewahren.

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