Wo früher tristes Einheitsgrün die Strassen-Ecke einnahm, wird schon bald ein vielfältiges Nektarangebot für Insekten blühen. Einheimische Stauden und Totholz fördern im Badener Ortsteil Rütihof die Biodiversität. Barbara Finkenbrink vom Bereich Klima und Umwelt durfte den Werkhof bei den Arbeiten begleiten – ein Erfahrungsbericht vom Glück erdiger Hände, wärmender Frühlingssonne und lobender Passanten.

Alles beginnt mit einer guten Planung und der richtigen Auswahl der Pflanzen.

Als ich in Rütihof zum Werkhofteam dazustosse, treffe ich Ciny Kruse, Sara Hess und Peter Bürki. Sie haben mit ihrem Team in den Wochen zuvor den wesentlichen Teil der Arbeit bereits gemacht, denn auf der Strassen-Ecke Moosstrasse/ Hofstrasse wurde das Einheitsgrün entfernt und die neue Pflanzfläche mit Substrat und Totholzbaumstämmen vorbereitet. 

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Strassenecke Moosstrasse vor der Bepflanzung
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Vorbereitung der Pflanzarbeiten

Die Weiterverwendung von Totholz bringt neues Leben

Diese Baumstämme aus Birkenholz stammen vom „Alten Friedhof Bruggerstrasse“. Ihre Weiterverwertung ist eine Win-Win-Angelegenheit, denn statt bei Rodungen Holz zu häckseln, wird es für die Biodiversitätsförderung im Siedlungsraum verwendet. Hier auf der neuen Pflanzfläche kann das Totholz nach und nach, mit jedem Stadium der Verrottung zu einem neuen Lebensraum für Insekten, Spinnentiere, Pilze und Bakterien werden. Von wegen tot – dieses Holz wird leben.

100 % einheimisch – darauf wird beim Werkhof Baden Wert gelegt, denn schliesslich sollen Wildbienen, Schmetterlinge, Schwebfliegen, Zikaden und andere profitieren.   

Wenn es um eine naturnahe Gestaltung mit Stauden geht, nutzen Peter Bürki und Cindy Kruse ihre enorme Pflanzenkenntnis und stellen auf den Standort abgestimmt ein vielfältiges Staudenbeet zusammen. Dabei wird darauf geachtet, dass über die gesamte Vegetationsperiode hinweg immer etwas blüht.  Es werden zudem Pflanzenarten gewählt, von denen viele heimische Insekten profitieren, denn mit Zuchtstauden oder Exoten, wie man sie zuhauf in Gartencentern findet, generiert man oft nur Nektar für Honigbienen. Unsere heimischen Wildbienen aber, von denen es in der Schweiz etwa 600 verschiedene Arten gibt, sind spezialisiert und auf einheimische Pflanzen angewiesen – gleiches gilt für Schmetterlinge.

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Totholz bietet Lebensraum für zahlreiche Lebewesen

Auf die Pflanzenauswahl kommt es also an und auch diese spezifische Vorarbeit ist an meinem Einsatztag bereits gemacht: Auf der Ladefläche befindet sich eine ganze Palette an einheimischen Stauden: Darunter gross-wachsende Arten wie der Rote Engelwurz (Angelica gigas), der Gelbe Enzian (Gentiana lutea), das Echte Ochsenauge (Anchusa officinalis) oder Fenchel (Foeniculum vulgare) – eine Lieblingsspeise für die Raupen des Grossen Schwalbenschwanzes. Mit diesen Arten starten wir unsere Pflanzarbeiten und platzieren sie gut verteilt und mit etwas Abstand zum Strassenrand. Sie sollen dem Beet eine Struktur in die Vertikale geben.

Danach verteilen wir die mittelhohen Pflanzen, wie die Drüsige Bergminze (calamintha nepeta) oder die Alpen-Akelei (Aquilegia alpina).

Und zum Schluss werden die Lücken und Ränder des Beetes mit klein- bis niederwüchsigen Stauden aufgefüllt. Dazu zählen z.B. der Blutrote Storchenschnabel (Geranium sanguineum), der Berg-Frauenmantel (Alchemilla alpina) als Heilpflanze oder der Echte Dost (Origanum vulgare), den wir als Küchengewürz schätzen.

 

Nach dem Auslegen des Pflanzbeetes geht es dann los: Endlich mal wieder in der Erde buddeln, denke ich und kann mich – bewaffnet mit einer kleinen Schaufel – von Innen nach Aussen arbeiten. Jeder auf seinem «Clame» pflanzen Cindy, Sara, Peter und ich vor uns hin: Konzentriert, bei bestem Frühlingswetter und guter Stimmung kommen wir zügig voran. 

Ein kleines Lob tut gut und die Aussicht auf mehr Naturflächen motiviert

Das Resultat stellt offensichtlich nicht nur uns zufrieden, sondern auch die Anwohnenden: «Das habt ihr gut gemacht» zwinkert uns ein Herr zu, der mit seiner Familie und einem Laufrad in der Hand auf dem Heimweg vorbeikommt.

Aufwertung Rütihof mit neuer Bepflanzung
Moosstrasse in Rütihof mit neuer Bepflanzung und Totholzelementen
Aufwertung Rütihof Totholz
Die Birkenstämme aus dem Alten Friedhof Bruggerstrasse können in Rütihof zu einem neuen Lebensraum werden

Auch ich kann rückblickend sagen, dass mich dieser Pflanztag mit Erde an Fingernägeln und Hose sehr erfüllt hat. Ich durfte etwas vom enormen Wissen des Werkhofteams mitnehmen und an einem neuen Natur-Mosaik im Badener Siedlungsraum mitwirken – dies im Bewusstsein, dass wieder ein neuer Trittstein für Insekten geschaffen wurde.

Die Pflanzfläche in Rütihof ist nämlich nicht die einzige, die der Werkhof zur Förderung der Biodiversität in diesem Frühjahr neugestaltet. Wer die Augen aufhält, wird bei Spielplatz «Im Graben», am Kreisel der Mellingerstrasse oder auch am Casino-Kreisel vielfältig gestaltete Staudenbepflanzungen und Totholz finden. Ein Spaziergang durch Baden lohnt sich!

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