Photovoltaik: Was läuft?
Die Photovoltaik ist eine Schlüsseltechnologie für die Energiewende. In Zukunft werden wir trotz Energieeffizienz mehr elektrische Energie verbrauchen. Das liegt insbesondere an Elektromobilität statt Diesel und Benzin, sowie an Wärmepumpen anstelle von Öl- und Gasheizungen. Zudem müssen irgendwann auch die Atomkraftwerke ersetzt werden. Das bedingt einen starken Zubau an erneuerbarer Stromproduktion. Hier kommt die Photovoltaik ins Spiel.
Geht es denn nur um Photovoltaik? Nicht nur, aber fast. Natürlich ist die Wasserkraft das zentrale Element unserer erneuerbaren Stromproduktion in der Schweiz. In den Wasserkraftwerken der Limmatkraftwerke AG werden in guten Jahren 90 Gigawattstunden (GWh) produziert. Das ist Mehr als die Hälfte des Stromverbrauchs in Baden. Aber das reicht nicht. Oder anders gesagt: Das zusätzliche Potenzial für die Wasserkraft in der Schweiz (und in Baden) ist sehr bescheiden. Es gibt zwar Ausbaumöglichkeiten und Effizienzgewinne, aber diese werden durch erhöhte ökologische Anforderungen, wie z.B. Restwassersanierungen gemäss Gewässerschutzgesetz, wieder kompensiert. Deshalb kann ein massiver Zubau an erneuerbarer Stromproduktion (fast) nur über Photovoltaik geschehen.
Ziele und Stand der Umsetzung in Baden
Per Ende 2023 betrug die installierte Leistung aller Photovoltaik-Anlagen in Baden 4.6 Megawatt (MW). Wie viel ist das? Mit dieser Leistung werden pro Jahr rund 4’600 Megawattstunden (bzw. 4.6 Gigawattstunden oder 4.6 Mio. Kilowattstunden) Strom produziert. Das entspricht rund 2.7 % des Stromverbrauchs in Baden. Per Ende 2022 waren es noch rund 3.5 MW. Das ist eine beachtliche Zuwachsrate. Aber am Ziel sind wir damit noch nicht.
Das Energiekonzepts verlangt per 2026 eine Leistung von 5 MW; das ist heute schon erreicht. Per 2031 sollen es aber mindestens 10 MW sein; angestrebt werden sogar 15 MW. Damit Letzteres erreicht werden kann, wird ein Zuwachs von 1.2 MW pro Jahr notwendig. Das ist machbar. Nur im Vergleich zu den Zielsetzungen des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, welches im Herbst 2023 vom Parlament verabschiedet wurde, reicht auch das nicht aus.
Gemäss Gesetz sollen bis 2035 35 Terrawattstunden aus erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft) stammen. Das ist mehr als die Hälfte der heutigen Stromproduktion in der Schweiz. Wie hoch der Beitrag der Stadt Baden dazu sein soll, ist noch nicht ganz klar. Allerdings steht fest, dass es viel mehr ist, als aktuell angestrebt wird. Deshalb müssen die Ziele dazu bei der bald anstehenden Neuauflage des Energiekonzepts überarbeitet werden.
Beispiel Accelleron
Mut machen bei diesen anspruchsvollen Zielsetzungen die guten Beispiele.
Eines davon ist die neue Anlage der Accelleron (ex ABB Turbo Systems). Die Leistung der Anlage, welche sich auf verschiedenen Dachflächen an der Fabrikstrasse befindet, beträgt 1.08 MW. Also fast ein Viertel von dem, was ganz Baden schon hat! Ein Meilenstein für ganz Baden.
Die Anlage wurde kurz vor Weihnachten 2023 in Betrieb genommen. Sie ist aber bei den oben genannten Zahlen noch nicht berücksichtigt. Es ist schön, dass die Accelleron plant weitere Dachflächen für die Stromerzeugung zu nutzen. Es ist zu hoffen, dass es Nachahmer geben wird, zum Beispiel im Gewerbe- und Industriegebiet in Dättwil. Die Voraussetzungen dazu sind gut. Wenn ein grosser Anteil des Stroms vor Ort verbraucht wird, können die Anlagen bereits nach wenigen Jahren rentieren.
Anlagen auf städtischen Dächern
Bei der Stadt Baden muss bei jedem Bau- und Sanierungsprojekt der Einsatz von Photovoltaik geprüft und die Anlage umgesetzt werden, sofern dies wirtschaftlich sinnvoll ist. Ansonsten muss in der Vorlage zum Baukredit begründet werden, warum dies nicht möglich ist. Auf welchen Objekten wurden bereits Anlagen umgesetzt? Die folgende Tabelle gibt Auskunft dazu:
Objekt | Jahr der Inbetriebnahme | Installierte Leistung [kW] |
---|---|---|
BerufsBildungBaden (BBB), Bruggerstrasse 75 | 2013 | 37 |
Parkhaus Gartenstrasse (Dach und Fassade) | 2013 | 67 + 9 |
Werkhof Stadt Baden | 2017 | 35 |
Schulhaus B, Rütihof | 2017 | 30 |
Hallenbad beim Terrassenbad | 2020 | 54 |
Sekundarstufenzentrum Burghalde, BUH3 | 2021 | 54 |
Wirtschaftsschule KV | 2021 | 30 |
Schulhaus Pfaffechappe | 2023 | 110 |
Details zu den Anlagen sind auf der Energiekarte (Themen > Photovoltaik) einsehbar.
In den Jahren 2020/2021 wurde eine Potenzialanalyse aller städtischen Gebäude durchgeführt. Die Einwohnerratsvorlage vom 7.12.2021 zeigt die Ergebnisse dazu. Mittlerweile dürften die Potenziale auf Grund der effizienteren Technik noch etwas grösser sein. Ein damals vielversprechendes Potenzial war und ist das Dach der BBB Martinsberg. Dort sind 140 kW oder mehr möglich. Allerdings muss die Umsetzung zusammen mit der Sanierung des Flachdachs geschehen.
Dieses Jahr werden weitere zwei Anlagen umgesetzt. Eine beim Friedhof Liebefels (Krematorium und Gärtnerhaus) und eine beim neuen Pavillon der Villa Langmatt. Dort wird es eine ins Dach integrierte und ästhetisch hochwertige Anlage sein. Zudem sollen in den nächsten Jahren bei diversen Sanierungsprojekten Anlagen geprüft und umgesetzt werden. Dies sind u.a. die Schulhäuser Tannegg, Kappelerhof und Meierhof.
Einspeisevergütung und Förderung
Photovoltaik lohnt sich! Insbesondere, wenn ein wesentlicher Anteil der Stromproduktion vor Ort verbraucht werden kann und so aus dem Netz bezogenen Strom ersetzt.
Der Preis des bezogenen Stroms setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Das sind neben dem eigentlichen Energiepreis, noch die Netznutzung und diverse Abgaben. Wenn man selbst produzierten Strom ins Netz zurückliefert, muss dafür keine Netznutzung bezahlt werden, aber man erhält schlussendlich «nur» den Energiepreis vergütet. Der selbst verbrauchte Strom hat somit immer einen höheren Wert für die Amortisation der Anlage.
Aktuell sind die Strompreise fast doppelt so hoch wie zwischen 2019 und 2022. Das liegt vor allem am Energieanteil. Die Netzkosten haben sich weniger stark erhöht. Ein normaler Haushalt bezahlt im Jahr 2024 rund 34 Rp./kWh für den Strombezug. Im Gegenzug erhält man für die Rücklieferung des selbst produzierten Stroms auch deutlich mehr als bisher, es sind aktuell 17.2 Rp./kWh (entspricht dem Wert der Energie beim Bezug) und zusätzlich 2 Rp./kWh für den Herkunftsnachweis. Das ist eine attraktive Vergütung im Vergleich zu den Gestehungskosten einer durchschnittlichen Photovoltaikanlage. Zusammen mit einem Anteil an selbst verbrauchtem Strom (mit viel höherem Wert) gibt das deutlich kürzere Amortisationszeiten für die Anlagen als bisher.
Nicht zu vergessen: Der Bau von Photovoltaikanlagen wird vom Bund mit einem Investitionsbeitrag, der sogenannten Einmalvergütung (EIV) gefördert. Der konkrete Betrag berechnet sich in Abhängigkeit von der Leistung der Anlage und entspricht ca. 25 % der Investitionskosten. Die Stadt Baden erhöht den Förderbeitrag des Bundes nochmals um 50 %. Wer also in Baden eine Anlage baut, welche ca. CHF 20’000 kostet, erhält CHF 5’000 vom Bund und CHF 2’500 von der Stadt Baden.
Ausblick auf gesetzliche Veränderungen
Das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien und die zugehörigen Änderungen im Energiegesetz sollen sicherstellen, dass wir die ambitionierten Zielsetzungen zur Produktion an erneuerbarem Strom erreichen. Diese Änderungen sind für die Energieversorger eine grosse Herausforderung, bringen aber zahlreiche Anreize, um die Produktion und Nutzung von erneuerbarem Strom stark zu erhöhen. Es ist deshalb wichtig, dass das Referendum zum erwähnten Gesetz am 9. Juni 2024 abgelehnt wird.
Was sind die Gründe aus Sicht der Produzenten von erneuerbarer Energie – natürlich auch aller zukünftigen Produzenten (und Konsumenten)? Ab April 2025 sollen die Förderbeiträge des Bundes für Photovoltaikanlagen mit einem Neigungswinkel von über 75° deutlich stärker gefördert werden als bisher. Das ist somit ein höherer Anreiz für Fassaden-Anlagen, welche im Winter möglichst viel Strom produzieren. Zudem soll zukünftig für solche Anlagen auch keine Baubewilligung mehr notwendig sein.
Eine wichtige gesetzliche Änderung betrifft die Organisation von Eigenverbrauchsgemeinschaften – die sogenannten Lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG). Ein Zusammenschluss zum Verbrauch von erneuerbarem Strom vor Ort war bisher schon möglich. Neu werden die Möglichkeiten stark erweitert und die Bedingungen attraktiver. Der selbst erzeugte Strom soll neu über das öffentliche Stromnetz innerhalb eines Quartiers oder einer ganzen Gemeinde vermarktet werden können. An einer LEG können sich Prosumer (Produzent und Konsument), Speicherbetreiber, «normale» Endverbraucher und Erzeuger beteiligen, wenn sie örtlich nahe beieinander und beim gleichen Verteilnetzbetreiber auf der gleichen Netzebene angeschlossen sind. Das öffentliche Stromnetz kann dabei nicht mehr kostenlos, aber zu einem reduzierten Tarif benutzt werden.
Zudem werden auch die oben erwähnten Tarife für ins Netz zurückgelieferten Strom vereinheitlicht. Neu soll sich die Vergütung an einem viertjährlich gemittelten Referenz-Marktpreis orientieren. Zudem würde bei sehr tiefen Marktpreisen ein Mindestpreis gelten.
Diese und viele weitere Änderungen treten voraussichtlich per Anfang 2025 in Kraft. Dies nur, sofern es in der laufenden Vernehmlassung der Verordnungen keine Änderungen gibt und das Referendum zum übergeordneten Gesetz am 9. Juni nicht angenommen wird.
Photovoltaik lohnt sich!