Abfall im öffentlichen Raum wird immer mehr zur Herausforderung, denn die Vermüllung ist zu einem gesellschaftlich akzeptierten Problem geworden. Was und wie viel landet im Kübel oder in der Umwelt? Wir gehen auf Tour mit der Stadtreinigung und werfen einen Blick in den Badener Dreck.

Jede Menge Müll im öffentlichen Raum

Wir starten unsere Tour beim Werkhof der Stadt Baden. Dieser übernimmt Aufgaben wie beispielsweise die Entsorgung, Stadtreinigung oder Pflege von Grünanlagen und Parks. Von den 40 Mitarbeitenden begleiten wir Simon per Elektro-Fahrzeug auf der Route Kurpark, Altstadt, Bahnhof und Thermalbad. In ganz Baden finden sich 500 öffentliche Abfalleimer für den unterwegs anfallenden Abfall. Die Kübel werden üblicherweise zweimal täglich kontrolliert und bei Bedarf geleert. Sieben Tage die Woche. Die Abfallmengen, die dabei allein in Baden im öffentlichen Raum entstehen, betragen rund 550 Tonnen pro Jahr. Dabei inbegriffen sind Laub, Kies, Pneuabrieb etc., was mit der Kehrmaschine aufgenommen wird. Ebenfalls inbegriffen ist das Littering – der Teil des Abfalls also, der unachtsam oder absichtlich in den öffentlichen Raum oder die Natur geworfen wird. Zur besseren Vorstellung: pro Woche kommen rund zehneinhalb Tonnen Abfall zusammen. Dieses Gewicht könnte man mit sieben ausgewachsenen Giraffen ausgleichen. Vor allem bei schönem Wetter oder wenn der Lohn kam und mehr konsumiert wurde, sei ein erhöhtes Abfallaufkommen zu erwarten, meint Werkhofmitarbeiter Simon. 

Im Vergleich der teilnehmenden Städte beim Monitoring der Cercle Indicateur liegt Baden an 5. Stelle mit 329 kg Siedlungsabfällen pro Kopf und Jahr (Stand 2019). Im Vergleich zu Baden liegt Zürich mit 253 kg darunter, Luzern mit 384 kg darüber. 

Das Bundesamt für Statistik liefert umfassendere Indikatoren zur Erfassung der Siedlungsabfälle, wonach diese schweizweit pro Person und Jahr sogar bei 701 kg liegen (Stand 2021).

Irgendjemand wird das schon wegräumen

Simon beobachtet, dass achtlos weggeschnippste Zigarettenstummel oder herrenlose Getränkedosen besonders häufig anzutreffen sind. Die Frustration ist Simon anzumerken. Littering ist ein gesellschaftliches Problem und lässt sich nur gemeinschaftlich lösen. Damit solches Verhalten abnimmt, sind alle aufgefordert, den Mut aufzubringen und Menschen auf ihr Verhalten hinzuweisen. Und selber mit Vorbild voranzugehen, sprich, den “Zigi-Stummel” und eigene Abfälle korrekt zu entsorgen, auch wenn man dafür ein paar Schritte gehen muss. Warum das Sinn macht, zeigen die Zahlen aus einer Studie des BAFU aus dem Jahr 2011. Demnach machten allein Zigarettenabfälle in stark vermüllten Gemeinden bis zu 66 % der gelitterten Gegenstände aus (in Stückzahlen).

Abfalleimer bitte fuettern
Die Kübel stehen nicht umsonst da! Littering kann in der Schweiz gebüsst werden. Im Kanton Aargau beträgt die Busse sogar 300 Franken.

Richtig trennen ist wertvoll

Wir setzen unsere Tour fort und werfen einen Blick in die saisonal verfügbaren Trenncontainer, die in blau (PET), gelb (ALU) und schwarz (Restmüll), welche extra für Abfälle des Unterwegskonsums aufgestellt werden. Schon der erste Blick hinein verrät: es wurde falsch sortiert. Das ist schade, denn bei diesen Containern ist der richtige Einwurf das A und O. Wer falsch einwirft, ob willentlich oder unachtsam, verhindert unter Umständen das Recycling. Am Ende wird der Sack voll mit PET-Getränkeflaschen wegen Fehlwürfen wie sonstigen Plastikverpackungen, Milchflaschen etc. einfach doch verbrannt, meint Simon. Das Verletzungsrisiko oder die Kontamination mit anderen Materialen mache das manuelle Sortieren unangenehm und gefährlich – z. B. wurden auch schon Windeln, Hundekot oder kaputte und halbvolle Glasflaschen im Sortiergut entdeckt. Korrektes sortieren ist deshalb wichtig. Das gilt auch bei Quartiersammelstellen: Fehlwürfe vermindern die Verwertbarkeit vom Sammelgut, machen es teurer und die Qualität des Rezyklats leidet.

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Links zu Tipps und Wissenswertem zum korrekten Entsorgen

Abfall gehört in den Kübel:

Abfälle richtig sortieren:

Respekt und Identifikation ist wichtig

Gegen Ende der Tour treffen wir bei den Thermalbädern auf René Ryser, der seit 15 Jahren beim Werkhof arbeitet. Er kennt viele Leute und die Leute kennen ihn. Er schätzt die Kommunikation und dass er als direkte Ansprechperson für verschiedene Anliegen gesehen wird. So müssen Fragen nicht über sieben Ecken beantwortet werden, z. B. wenn jemand ein totes Tier oder eine vermüllte Stelle melden will. Durch die Bekanntheit und ein gutes Verhältnis zwischen den Menschen wird die Anonymität verringert. Dann denken wir eher darüber nach, welche Folgen unser Verhalten hat und wen es direkt betreffen wird. Was wir schätzen, müllen wir nicht zu. Ein sorgsamer Umgang mit dem öffentlichen Raum, indem wir unsere Abfälle korrekt entsorgen oder möglicherweise erst gar nicht so viel davon produzieren, hilft uns allen.

Rene Ryser
René Ryser ist langjähriger Mitarbeiter beim Werkhof und gut mit den Badener*innen vernetzt.

Konsum- und Wegwerfgesellschaft überdenken

Doch selbst die beste Entsorgung und Recycling löst das zentrale Problem des hohen und steigenden Ressourcenverbrauchs nicht. Die stetige Zunahme der Bevölkerung und das hohe Pro-Kopf-Einkommen führen unweigerlich zu mehr Konsum (Bafu, 2021). Das meiste, was wir konsumieren, wird früher oder später zu Abfall. Wer die Abfallmenge reduzieren will, kommt nicht darum herum, den Konsum zu überdenken: vermeiden, vermindern, Dinge reparieren und wiederverwenden oder anders weiternutzen. Denn nur jene Ressourcen, die wir heute nicht ohne Sinn und Verstand in einer Windeseile aufbrauchen, können wir auch weitergeben – an andere und künftige Generationen. Hier bedarf es an mehr Konsum- und Ressourcenbewusstsein und an mehr Respekt für den öffentlichen Raum, die Umwelt und die Gesellschaft.

Erlebnisse schaffen Verständnis:
Sei ein Tag als Müllmensch dabei

Eine ähnlich spannende und lehrreiche Tour bietet auch die Obrist Transport + Recycling AG. Wenn du also schon immer davon geträumt hast, auf einem elektrischen Kehrichtfahrzeug mitzufahren und für Sauberkeit zu sorgen, kannst du dort einen Erlebnistag als Müllfrau oder Müllmann buchen.

Vorbildlich: Die Stadtreinigung ist emmissionsfrei unterwegs

Der Werkhof setzt gemäss Thomas Stirnemann, Leiter des Werkhofs Baden, auf null Emissionen während des Betriebs. Die Einsatzfahrzeuge sind elektrisch betrieben und erzeugen somit keine Abgase und kein Lärm. Zu hören bekommt man höchsten die Besen der Kehrmaschinen – oder das nette Grüezi eines Mitarbeitenden.  Der Werkhof stellt ausserdem den Regionalwerken sein Dach für Solaranlagen zur Verfügung.

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