Seit mehr als zwanzig Jahren werden die invasiven nordamerikanischen Signalkrebse in Baden bekämpft. Das Fischereifachstelle des Kantons kontrollierte kürzlich den Stadtbach. Aufgrund der Trockenheit wurde aus der Such- eine Rettungsaktion.

Mit Kübel und Taschenlampe auf Krebspirsch

Schulhaus Meierhof, ein warmer Septemberabend um neun. Zwei dunkle Gestalten schleichen dem Bach nach durchs Gebüsch. Sie sind ausgerüstet mit Eimer und Taschenlampe. Christian Tesini und Florian Randegger, zwei Fachspezialisten Jagd und Fischerei des Kantons, sind auf Krebspirsch. Ihre nächtliche Mission soll klären, ob der Stadtbach wieder von Signalkrebsen besiedelt ist. Dazu schreiten sie heute den gesamten offenen Bereich des Stadtbachs ab, vom Werkhof bis zum Dättwiler Weiher.
Doch der Stadtbach liegt trocken. Der Pegel des Dättwiler Weihers ist zu tief, als dass noch Wasser abfliessen kann. Signalkrebse sind unter diesen Umständen nicht zu finden. Ihre Kiemen funktionieren zwar auch ausserhalb des Wassers. Aber ein trockener Bach ist kein attraktiver Lebensraum für sie.
Erst im obersten Abschnitt stossen die Krebsspezialisten auf Restwasser. Ein schneller Griff in den Schlamm beweist, dass regelmässige Kontrollen sinnvoll sind: ein kleiner, hellblauer Signalkrebs hat die Krebssperre überwunden. Sein Panzer ist weich, offenbar hat er sich grad frisch gehäutet.

Fische gerettet statt Krebse gesammelt

Und was zappelt da im wenige Zentimeter tiefen Nass? Mehrere Egli, gefangen in auswegloser Lage. Mit viel Respekt vor den stachelbewehrten Rückenflossen werden sie von Hand in einen Wasserkübel befördert. Immer wieder entwischen sie in den aufgewirbelten Schlamm. Zur Tierliebe kommt sportlicher Ehrgeiz – nach kurzer Zeit sind alle gerettet. Am Dättwiler Weiher trauen die Fische ihrem Glück noch nicht so recht. Nur zögerlich verlassen sie den lebensrettenden Kessel.

Zum Schluss identifizieren die zwei Spezialisten noch einen Kaulbarsch am Ufer des Weihers. Er hatte sich in einem gelitterten Plastikbecher versteckt. Der Kaulbarsch ist eine weitere nicht-einheimische Tierart im Dättwiler Weiher, wie der Signalkrebs und die Rotwangen-Schmuckschildkröte.

 

Signalkrebs
Ein einziger Signalkrebs gefunden – wegen der Trockenheit nicht verwunderlich
Egli
Christian Tesini entlässt die die geretteten Egli in den Dättwiler Weiher.

Signalkrebse werden in Baden seit 1998 bekämpft

Dass im Dättwiler Weiher und im Stadtbach Signalkrebse leben, wurde 1996 entdeckt. Seither versucht der Kanton zusammen mit dem Fischerclub und der Stadtökologie, ihre weitere Ausbreitung zu verhindern. Ausrotten lässt sich die konkurrenzstarke, aus Nordamerika eingewanderte Art nicht mehr. Aber sie sollte als kontrollierbarer, isolierter Bestand im Dättwiler Weiher bleiben und keine weiteren Gewässer besiedeln. Der Stadtbach als mögliche Verbindung muss dagegen krebsfrei gehalten werden. Mit jährlichen Kontrollen wird überprüft, ob im Stadtbach Massnahmen nötig sind. Aktuell ist das nicht der Fall.

Bis zu 4000 Krebse im Stadtbach

Die letzten Jahre war es vergleichsweise ruhig um die Badener Signalkrebse. Der Fischerclub fängt im Dättwiler Weiher jährlich um die 900 Krebse. Dazu setzt er Reusen ein. Die schmackhaften Krustentiere stehen gelegentlich im Restaurant Linde in Baden auf der Karte. Fritz Wanner, Gastronom und Vorsitzender des Fischerclubs, bereitet aus ihnen eine feine Suppe zu.

Im Stadtbach wurden seit 2013 keine Signalkrebse mehr entdeckt. Das war auch schon anders – ganz anders: In den Nullerjahren tummelten sie sich zu Hunderten im Stadtbach. Dieser musste über Jahre intensiv abgesucht werden. Im Spitzenjahr 2003 landeten fast 4000 Tiere in den Sammelkübeln. Oft wurde der Bach im Winter trockengelegt, damit der Frost ihre Eier absterben liess. 2013 wurde beim Auslauf des Weihers eine Krebssperre eingebaut. Sie verhindert seither, dass Signalkrebse vom Weiher in den Bach gelangen. So gingen die Fangzahlen im Bach schlagartig zurück – eine erfreuliche Entwicklung – und der Bach musste auch nicht mehr trockengelegt werden. Das Badener Tagblatt berichtete ausführlich über diesen Erfolg.

Grafik Signalkrebse
Die summierten Fangzahlen von Signalkrebsen im Dättwiler Weiher (blau) und im Stadtbach (grün) seit 1998; dank der Krebssperre wurden im Stadtbach seit 2013 nur noch vereinzelt Krebse entdeckt.

Was ist so schlimm an diesem Signalkrebs?

Der Signalkrebs – den Namen verdankt er bläulichen Stellen an den Scherengelenken – gilt als besonders invasiv. Er ist sehr wanderfreudig und gefährdet die letzten in der Schweiz verbleibenden Stein- und Dohlenkrebse. Denn er überträgt die Krebspest und ist selber resistent gegen die tödliche Krankheit.

Die drei einheimischen Krebsarten sind seit dem Auftreten der eingeschleppten Arten massiv unter Druck geraten und an vielen Orten stark dezimiert, isoliert oder ganz verschwunden.

Mehr dazu:

 Flyer Krebse der Nordwestschweiz

BAFU: Invasive Krebsarten

Kanton Aargau: Förderung einheimischer Krebse

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