Auch in Baden flogen sie diesen Sommer über die Wiesen, entlang Hecken, setzten sich auf Waldwege, Blätter und Blüten und bestachen dabei in ihrer Vielfalt an Farben und Mustern – Schmetterlinge. Doch wie steht es um die Artenvielfalt in Baden? Wir haben zwei Wiesen in Baden untersucht. 

Ausgerüstet mit Kescher und Betrachtungsdöschen (neugierige Blicke garantiert!) begab ich mich zwischen Juni und August mehrmals auf zwei ausgewählten Flächen, die hinsichtlich Artenvielfalt sehr vielversprechend sind.
Kescher und Betrachtungsdöschen sind deswegen hilfreich, weil bei manchen Arten ein geübtes Auge gefordert ist, um sie unterscheiden zu können. Wichtig: Die Tiere wurden jeweils nur kurz eingefangen, in der unten abgebildeten Dose angeschaut und danach wieder freigelassen! 

Das Geisswiesli – einst verbuscht und nun dank Pflege wieder ein artenreicher Lebensraum 

Ein Saum von strauchreichen Waldrändern mit Schwarzdorn umgibt das sogenannte Geisswiesli, das einer Glatthafter-Trespenwiese entspricht. Charakterisierend für die Waldlichtung ist eine sich inmitten der Fläche befindende alte, abgestorbene Esche. Im östlichen Teil sind zudem kleine Stufenraine und Gehölzinseln zu finden. Früher für Rebbau genutzt, wurde das Geisswiesli in den 70er und 80er der Vergandung überlassen. Seit 1989 erfährt die  Wiese nun wieder einen regelmässigen Schnitt und hat nun den Status einer Magerwiese.
Das Geisswiesli hat einen hohen Gebietswert, sein Potenzial für Biodiversität wird als gross eingeschätzt. Dies dank den unterschiedlichen Strukturtypen, die auf kleinester Fläche vorhanden sind (Wald, Strauchschicht, Krautschicht, Offenland) und der Exposition. 

Die Wiese Ammon – ein Ort, der der Biodiversität gehört 

Die Wiese Ammon liegt südlich von Rütihof auf dem Gemeindegebiet von Birmenstorf. Ursprünglich im Besitz der Familie Ammon wurde die Fläche 2009 der Stadt Baden übergeben. Angrenzend an Wald und mit Hecken gesäumt ist die Wiese an einer Hanglage. Der obere Teil entspricht einer Trespenwiese und der untere Teil am Hangfuss einer Fromentalwiese. Dazwischen stehen Obstbäume und Reben. Auch hier treffen wieder unterschiedliche Lebensräume auf kleinstem Raum aufeinander, was eine gute Voraussetzung für die Artenvielfalt darstellt.
Durch die Südwest-Exponierung hitzt sich die Fläche ab Mittag jeweils merklich auf. Dies bietet wiederum Potenzial für Tiere, die trockene und warme Lebensräume mögen – wie eben manche Schmetterlinge oder Heuschrecken. 

Ergebnis der Begehungen: Auf Badens Wiesen kreucht und fleucht einiges – hauptsächlich Arten, die häufig im Mittelland anzutreffen sind
Vier Mal war ich für jeweils circa eine Stunde auf dem Geisswiesli. Die Bilanz: 11 verschiedene Arten. Drei Begehungen machte ich zudem auf die Wiese Ammon. Die dortige Bilanz: 14 verschiedene Arten.  
Die entdeckten Schmetterlinge entsprechen alles Arten, die häufig im Mittelland anzutreffen sind. Sie werden auf der Roten Liste der Tagfalter und Widderchen zurzeit als «nicht gefährdet» angegeben. Eine Ausnahme bildet der Kurzschwänzige Bläuling (Cupido argiades), der auf der Liste als «potenziell gefährdet» eingetragen ist und nach einem stetigen Rückgang nun wieder häufiger anzutreffen ist. 

Die, die (hohe) Ansprüchen haben
Neben Schmetterlingen, die auch auf gedüngten und regelmässig geschnittenen Wiesen zu beobachten sind, liessen sich auch Arten beobachten, die höhere bzw. sehr spezifische Ansprüche an ihre Lebensräume stellen. Darunter zum Beispiel der Schachbrettfalter (Melanargia galathea): Seine Raupen bevorzugen Gräser wie die Aufrechte Trespe (oder das Pfeifengras, der erwachsene Falter hingegen ist vor allem an violetten Blüten zu finden. Die Eiablage erfolgt jeweils in ungemähten und unbeschatteten Bereichen. Erfreulicherweise entdeckte ich den Schachbrettfalter auf beiden Wiesen.

Melanargia galathea

Der, der es warm und trocken mag
Beim Karstweissling (Pieris mannii) handelt es sich um eine Art, die im Mittelmeergebiet sehr häufig vorkommt und sich seit 2008 vom Genfer-Raum Richtung Norden und Nordosten ausbreitet. Mittlerweile ist der Karstweissling auch im Mittelland häufiger anzutreffen. Dabei bevorzugt er warme, trockene und felsige Gebiete. Ich entdeckte ihn auf dem Geisswiesli sowie auch auf der Wiese Ammon. Da beide Flächen vorwiegend gut besonnt sind, eignen sich die Flächen diesbezüglich sehr gut für den Falter.

Pieris manii

Der, der kein Tagfalter ist 
Tagfalter sind tagaktive Schmetterlinge. Nachtfalter hingegen können tag- oder nachaktiv sein. Das Sechsfleck-Widderchen (Zygaena filipenduale) (siehe Bild) gehört zu diesen tagaktiven Nachtfaltern. Ich entdeckte vier der Falter im August auf dem Geisswiesli.
Die Art besiedelt grundsätzlich sehr unterschiedliche Lebensräume. Wichtig ist jedoch, dass die Futterpflanzen vorhanden sind. Für die Raupen ist das bevorzugt Hornklee,  die Falter sind vor allem auf violetten Blüten zu finden. 

Zygaena filipendulae

Weitere Impressionen von Schmetterlingen auf der Wiese Ammon und dem Geisswiesli

Die Übersicht zu allen Schmetterlingsarten, die ich von JuniAugust auf der Wiese Ammon und dem Geisswiesli gefunden habe, finden sie übrigens hier.

Fazit: Vielfalt entsteht durch Vielfalt

Die entdeckten Schmetterlingsarten wie der Schachbrettfalter (Melanargia galathea),  der Grünaderweissling (Pieris napi) oder das Sechsfleck-Widderchen (Zygaena filipandulae) findet man typischerweise auf Wiesen. Andere Arten wiederum wie die Raupen vom Admiral (Vanessa atalanta) brauchen Brennnesseln als Futterpflanze und sind somit auf Krautsäume angewiesen. Und wiederum andere Arten wie der Faulbaumbläuling (Cleastrina argiolus) oder der Kaisermantel (Argynnis paphia) sind oftmals im Zusammenhang mit Gehölzstrukturen zu finden. 
Das Vorkommen all dieser Arten auf den beiden Flächen widerspiegelt die Vielfalt an Strukturen, die wir dort haben: Wiesen, Krautsäume, Hecken, Wald und Übergänge zwischen den Lebensräumen. Diese Vielfalt begünstigt also wiederum eine Vielfalt an Schmetterlingen.

Und nicht nur Falter leben hier…
Übrigens: Während meinen Besuchen auf den Flächen konnte ich immer wieder auch andere Tiere beobachten, wie zum Beispiel eine Blindschleiche, die sich auf dem geschnittenen Gras sonnte. Das Entdecken und Fotografieren solcher Tiere erfordert einen achtsamen Blick und etwas Geduld, zeigt aber auch einfach mal wieder: Biodiversität ist einfach toll! 

Quellen

Bühler-Cortesi, T., Wymann, Hans-Peter. (2019). Schmetterlinge – Tagfalter der Schweiz. Haupt Verlag: Bern 

Sechsfleck-Widderchen – NABU Niedersachsen

Schachbrettfalter

Pieris mannii – LepiWiki (lepiforum.org)

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