Hirsche haben Eibenrinde zum Fressen gern. Deswegen bekommen die Eiben im Naturwaldreservat Unterwilerberg bald ein neues Gewand. Ein Kunststoffnetz soll sie davor schützen, von Rothirschen geschält zu werden.

Rothirsche sind Wiederkäuer. Dies ermöglicht ihnen, auch schwer verdauliche Pflanzenteile wie die Rinde zu fressen und zu verdauen. In Berggebieten sind Schälungen von Eschen und Fichten durch Hirsche bekannt. Doch Hirsche im Kanton Zürich zeigen eine spezielle Vorliebe für Eiben. Sie packen die Rinde mit dem Maul nahe der Wurzel und lösen sie gegen oben vom Baum.

 

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Rothirsche schälen Eiben am Albis (Kt. Zürich) (Video: Aufnahme der Wildtierkamera der WSL)

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Steinbruch mit lichtem Wald im Hintergrund (Quelle: Stadtforstamt)

Meist schälen sie nur einen Teil des Stammes, selten aber auch ganze Stämme auf einmal. Ohne den Schutz der Rinde steigt die Gefahr einer Pilzinfektion. Wenn ¾ des Stammes rundherum geschält sind, sterben die Bäume ab, da der Zuckertransport, welcher direkt unter der Rinde stattfindet, nicht mehr gewährleistet ist.

Eibe – eine seltene Baumart

Das Naturwaldreservat Unterwilerberg ist ein Eibenstandort von nationaler Bedeutung. Seit 1961 ist sein Kerngebiet eine Versuchsfläche der ETH und wichtig für den Erhalt der Eiben in der ganzen Schweiz.

Denn in Europa sind Eibenvorkommen wie die im Unterwilerberg selten geworden. An vielen Standorten wurden Eibenwälder wegen ihrer vielseitigen Verwendung geplündert. Die Ägypter verwendeten das Eibenholz für kultische Zwecke. Die Römer schätzten ihr elastisches, aber hartes Holz. Im Mittelalter nutzten die Engländer das Eibenholz für den Bau von Pfeilbogen und Armbrust.

Eibe breit
Im Naturwaldreservat Unterwilerberg wachsen mehr als 1’200 Eiben (Bild: Stadtforstamt).

Der Rothirsch kommt zurück

Wie auch die Eiben litten die Bestände der Rothirsche unter dem Einfluss der Menschen. Vor rund 150 Jahren wurden Rothirsche in der ganzen Schweiz ausgerottet. Rodungen und Übernutzung der Wälder entzogen ihnen die Lebensgrundlage. Aufgrund ihres Fleisches und der Konkurrenz mit menschlichen Nutzungen wurden sie stark bejagt.

Doch die Hirsche kommen zurück. In Baden wurde der erste Rothirsch Ende 2015 gesichtet. Seither ist die Population stetig gewachsen – heute sind es 28 Tiere. Momentan halten sich die Badener Hirsche hauptsächlich im Gebiet des Bareggs auf. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis sie in Richtung Unterwilerberg ziehen. Da unsere Hirsche über den Heitersberg von Zürich nach Baden gekommen sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass auch sie gerne Eiben schälen. Die bis zu 200 Jahre alten Eiben im Naturwaldreservat Unterwilerberg sind dadurch stark bedroht und müssen geschützt werden.

Hirsch
Rothirsch in Baden (Bild: Aufnahme der Wildtierkamera der Jagdgesellschaft Baden Baregg)

Fluch oder Segen?

Verschiedene Fallstudien zeigen, je mehr Hirsche im Wald leben, desto mehr Bäume werden geschält. Vor allem hängt die Häufigkeit der Schälungen aber mit dem übrigen Nahrungsangebot zusammen. Natürlicherweise verlassen Hirsche den Wald und suchen Wiesen und Weiden auf, um zu fressen. In stark besiedelten Gebieten wie Baden gibt es praktisch kein Offenland mehr. So bleiben die Hirsche im Wald und können dort grossen Schaden anrichten.

Trotz all den Sorgen wegen den Hirschen sind sie ein Bestandteil unserer Wälder und haben auch eine wichtige ökologische Funktion. Denn im Allgemeinen führt ihre Präsenz zu einer grösseren Artenvielfalt im Wald. Sie fressen Büsche, Baumkeimlinge und Kletterpflanzen. So wird der Wald weniger dicht und mehr Licht erreicht den Boden. Dies fördert das Wachstum anderer Pflanzenarten, insbesondere kleiner Hochstauden, Farne und Moose. Davon profitieren wiederum verschiedene Tierarten wie Insekten und Vögel.

Massnahmen sollen ein gutes Zusammenleben ermöglichen

Um die Eiben zu schützen, werden diese nun mit einem Kunststoffnetz ummantelt. Betroffene Forstreviere im Kanton Zürich haben damit gute Erfahrungen gesammelt. Die Zeit wird zeigen, ob mit Hilfe des Schutznetzes ein Zusammenleben von Hirsch und Eibe im Unterwilerberg möglich ist.

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Das Kunststoffnetz wird mit Ringklammern geschlossen und am Stamm …
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… befestigt, damit sich die Hirsche nicht verletzen (Bilder: Stadtforstamt).

An dieser Stelle dankt das Stadtforstamt Baden dem Forstrevier Adliswil und dem Forstkreis 1 des Kantons Zürich für den wertvollen Erfahrungsaustausch.

 

Weitere Informationen und Videos zu den Badener Hirschen finden Sie im Artikel Rothirsche in Baden.

Titelbild: pixabay

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