Grüne Farbtupfer heben sich vom Grau der Mauern ab. Tritt man näher, lassen sich nierenförmige Blätter und kleine hellviolette Blüten mit gelben Gaumen entdecken – das Zimbelkraut. Es ist Teil der diversen Spontanvegetation, die wir in der Stadt finden. Lesen Sie hier, was Spontanvegetation so besonders macht und welche der Überlebenskünstler in Baden zu finden sind.

Was ist Spontanvegetation eigentlich?

Als Spontanvegetation wird nicht geplante Vegetation bezeichnet, die von selbst an einem Ort gewachsen ist. Meist findet der Begriff in der Stadtökologie Anwendung.

Warum Stadtvegetation wichtig ist

Lange wurde die Natur und spezifisch Spontanvegetation komplett aus dem Stadtbild ausgeschlossen – nun steigt die Akzeptanz beim Menschen wieder. Nicht zuletzt, weil auch deren Nutzen erkannt wurde: Pflanzen können einen kühlenden Effekt auf die Stadt haben, binden Feinstaub, sind eine wichtige Nahrungsgrundlage für Tiere und nicht zuletzt auch ästhetisch ansprechend.

Die Stadt als neue Heimat

Anders, als man meinen könnte, bieten Städte gute Ersatzlebensräume für Pflanzen. Oftmals ist es sogar so, dass die Artenvielfalt in Städten höher als in landwirtschaftlich geprägten Räumen ist. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass viele Flächen gedüngt werden, sodass Magerpflanzen, die wenig Nährstoffe brauchen, verschwinden. Ein weiteres Problem sind zudem die grossflächig angelegten Monokulturen.
Im Gegensatz zu diesen monotonen Landschaften haben wir in der Stadt Strukturen wie alte Parkanlagen, Rasen, Wiesen, gepflasterte Böden, Mauern, brachliegende Flächen und das oftmals auf kleinstem Raum.

Die Lebensräume in Städten sind geprägt von Extrembedingungen wie Hitze, Trockenheit, wenig Nährstoffe und Substrat oder regelmässigen Störungen durch mechanische Belastungen wie den Tritt. Nicht jede Pflanze kommt mit solchen Extrembedingungen klar. Es gibt jedoch einige Pflanzen, die sich durch Anpassungen auf diese harten Lebensbedingungen spezialisiert haben.

Stockrose
Ort: Bahnhof Baden
Moos

Ort: Obere Halde, Baden 

Moos wächst oft auf Strukturen wie Steinmauern. Dort fehlt es jedoch an Wasser und Substrat, was eigentlich eine zentrale Voraussetzung für Pflanzen ist. Dennoch kann sich das Moos dort halten, indem es die Nährstoffe und das Wasser direkt aus der Luft über die Blätter aufnimmt.

Ort: Kurpark, Baden 

Die Vegetation in Pflasterfugen wird mit jeden Tritt gestört – auch im Kurpark Badens, der gut besucht ist. Aber das ist kein Problem für die dort wachsenden Pflanzen – im Gegenteil: Würden diese Störungen nicht oft oder gar nicht mehr auftreten, würde die sich darauf spezialisierte Vegetation durch konkurrenzfähigere Pflanzen verdrängt werden. 

Spontanvegetation Platten
Hedera helix

Ort: Ländliweg, Baden  

Efeu (Hedera helix) ist eine Kletterpflanze und typischerweise an Bäumen, und Felsen zu finden. Die ausdauernde Pflanze bildet hierfür Haftwurzeln, mit der sie sich an der Unterlage festhält.
In der städtischen Umgebung bieten Mauern einen guten Ersatzlebensraum. Gerade deswegen wird Efeu mittlerweile auch gerne zur Fassadenbegrünung eingesetzt.

Ort: Mellingerstrasse, Baden

Diese Pflanzen mit den leuchtend blauen Zungenblüten wachsen typischerweise am Wegrand. Sehr passend deswegen auch ihr Name: Wegwarte oder Wegleuchte (Cichorium intybus). Als Pionierpflanze, also eine Pflanze, die vegetationsfreie Flächen neu besiedelt, bevorzugt sie sonnige Standorte wie bei dieser Baustelle.

Wegwarte 2
Zimbelkraut neu

Ort: Obere Halde, Baden

Das Zimbelkraut (Cymbalaria muralis), übrigens auch Mauerblümchen genannt, kommt im Gegensatz zu manch anderer Pflanze auch mit wenig Licht aus und ist oft entlang und an Mauern und Gebäuden zu finden.

Ort: Schule Burghalde, Baden

Spontanvegetation hat jedoch auch eine Kehrseite: Wachsen Gehölze wie diese Götterbäume (Ailanthus altissima) entlang Bauten und Infrastrukturen, kann es sein, dass die starken Wurzeln diese beschädigen. So werden die auf dem Foto abgebildeten Götterbäume wohl wieder entfernt werden müssen.  

Zudem verdrängen Neophyten, wenn sie invasiv sind (was bei Götterbäumen der Fall ist), die einheimische Vegetation. Auch aus diesem Grund lohnt es sich, sie zu entfernen.

 

 

Götterbaum an Mauer
Burghalde

Ort: Schule Burghalde, Baden

An manchen Orten ist Spontanvegetation inzwischen aber sehr erwünscht: Etwa bei der neuen Chaussierung der Schule Burghalde.

Wir brauchen mehr spontane Stadtvegetation 

Spontanvegetation, sofern es sich nicht um invasive Neophyten handelt, kann schön und wichtig für eine lebenswerte Stadt sein. Wir müssen deswegen lernen, sie vermehrt zuzulassen. 

«Die spontane Stadtvegetation braucht die Akzeptanz der Bevölkerung, damit sie in Zukunft mehr berücksichtigt wird. Ein erster Schritt besteht darin, die Wildpflanzen der Stadt aktiv wahrzunehmen.»
– aus dem Buch  «Stadtwildpflanzen – 52 Ausflüge in die urbane Pflanzenwelt» von Jonas Frei.

Wo befinden sich Ihre Lieblingsstandorte der Spontanvegetation in Baden?

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