Die Exkursion ins Reich der Totholzkäfer führte am 26. Mai 2021 auf den Hundsbuck. Wie unglaublich spezialisiert diese Käfer sind und warum Totholz wichtig ist für die Biodiversität, erfuhren die Teilnehmenden von der Käferexpertin Adrienne Frei.

Der nasskalte Frühling macht Käferforscherinnen das Leben schwer. Das erklärt Adrienne Frei, Expertin für Totholzkäfer, gleich zu Beginn der Exkursion. Dabei ist ihr Metier so schon herausfordernd: etwa 1400 Arten von totholzbewohnenden Käfern gilt es zu unterscheiden. In einem Eichen-Buchen-Wald wie am Hundsbuck in Baden können 500 bis 600 Arten auftreten, die im Durchschnitt nur gerade 5 Millimeter messen.

 

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Einige sanfte Schläge an den Weissdorn, und die verschiedensten Blütenbesucher fallen in den Regenschirm.
Käferfangen
Ein winziger Wollhaarkäfer und ein ebenso winziger Seidenkäfer sind im weissen Schirm gut zu erkennen. Beide leben im Totholz, brauchen aber auch Blüten.

Ein Regenschirm ist beim Käferforschen immer dabei

Mit Regenschirm und Schlagrohr demonstriert Adrienne Frei, wie Käfer gesammelt werden können. Ausgewachsene Totholzkäfer besuchen die Blüten von Sträuchern und Stauden. Weissdorn, Hartriegel, Wildrosen, Schneeball… Lichtungen und Waldränder mit einem vielfältigen Blütenangebot sorgen für eine Stärkung vor dem Hochzeitsflug. Bei einem schonenden Unterhalt der Waldwege finden die Käfer auch am Wegrand Nektar und Pollen. Mehr dazu hier.

Holzpilz
Ein toter Baum bietet die verschiedensten Lebensräume für Käfer, zum Beispiel in Pilzen.

Viele Totholzkäfer sind auf der Roten Liste

Die Waldfläche der Schweiz nimmt laufend zu – warum sind trotzdem viele holzbewohnende Käfer vom Aussterben bedroht? Die Antwort ist einfach: Die Forstwirtschaft erntet Waldbäume, lange bevor sie für Käfer richtig interessant werden. So sind Buchen bei der Holzernte jugendliche 80 Jahre alt. Eine Buche kann aber 300 bis 500 Jahre alt werden. Mit zunehmendem Alter bietet sie Nischen und Strukturen für die verschiedensten Käfer. Mehr dazu im Artikel Habitatbäume.
Im Wirtschaftswald fehlen also die „hinteren“ 200 bis 400 Jahre! Umso besser, dass das Sonderwaldreservat Sonnenberg grosszügige Altholzinseln definiert. Hier bleiben Bäume so lange stehen und liegen, bis sie wieder zu Humus werden. Totholzkäfer leisten einen grossen Beitrag dazu.

Schnellkäferlarve
Diese Schnellkäferlarve lebt in Holz, das von Weissfäulepilzen zersetzt ist.
Eschenbastkäfer
Das Weibchen des Eschenbastkäfers legt seine Eier in die Rinde kranker Eschen.

Totholzkäfer sind äusserst anspruchsvoll

Wie wählerisch Käfer bei der Eiablage am Baum sind, ist eindrücklich. So leben etwa 240 Arten nur in den Pilzen am Baum. 580 brauchen Altholz, 455 noch lebendes Holz. Ein Käfer lebt hinter den Netzchen einer ganz bestimmten Spinne. Und auch in der Spechthöhle wird genau hingeschaut: eine Art besiedelt die Vorderseite der Höhle, eine andere die Rückseite und eine dritte den mulmigen Boden.

Und der imposante Hirschkäfer? Könnte man ihn am Hundsbuck finden? Die Expertin ist skeptisch, denn Hirschkäfer brauchen Eichen, deren Stammfuss sehr gut besonnt sind. Dafür ist der Wald am Hundsbuck zu dicht.

Zum Abschluss bestaunen wir die filigranen Frassbilder des Eschenbastkäfers. Dieser Borkenkäfer befällt kranke Eschen. Die Eschentriebwelke versorgt ihn am Hundsbuck wie überall im Badener Wald mit reichlich Nahrung. Entstehen und Vergehen: der Waldkreislauf dreht sich unentwegt weiter.

 

Danke Adrienne, für die spannende Exkursion!

 

Zum Weiterlesen: Artenporträts von totholzbewohnenden Tieren

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