Walter Bertschi bietet in seinem naturnahen Garten für viele Kleintiere ein Zuhause. Durch Löffelsteinmauer, Asthaufen, Trockensteinmauern, Insektenhotel, hohes Gras, Kieswege und eine Vielfalt an einheimischen Pflanzen ist sein Garten reich an Lebensräumen.

Schon beim ersten Schritt durchs Gartentor fällt mir auf, wie friedlich es in diesem Garten ist. Der Kies knirscht unter meinen Füssen, während ich an einem Staudenbeet mit Nachtkerzen entlang gehe. Walter Bertschi ist gerade dabei, den Kompost umzuschichten. Es riecht herrlich.

 

Vielfältige Strukturen bieten Unterschlupf und Nistplätze

Als Erstes zeigt er mir den Asthaufen, den er in der hintersten Ecke des Vorplatzes aufgeschichtet hat. Fast schon wie ein Kunstobjekt mutet der hohe Asthaufen an. “Diese Ecke nutze ich nicht”, meint Walter. Daher möchte er hier einen ökologischen Mehrwert schaffen, indem er Kleintieren einen Unterschlupf bietet. Daneben hat er einen alten Baumstrunk bewusst stehen gelassen. Totholz ist ein wertvoller Lebensraum für viele Insekten. Um Wildbienen Nistplätze zu schaffen, hat er Löcher ins Holz gebohrt. Daran baumelt ein Ohrwurmhaus. Einige mögen Ohrwürmer eklig finden. Sie sind aber super Gartennützlinge: Blattläuse verschlingen sie genüsslich. Mit dieser Anleitung können Sie sich selber ein Ohrengrüblerhaus bauen.

 

Asthaufen Totholz
Ungenutze Ecken müssen nicht leerstehen: Durch den Asthaufen entsteht ein Unterschlupf für Kleintiere.

Ein Baum für die Zukunft

Wir gehen rund ums Haus, ein paar Schritte rein in die hohe Wiese. Walter zeigt mir den alten Quittenbaum. Schon als er und seine Frau vor fast 40 Jahren hier eingezogen sind, dachten sie, dass dieser Baum nicht mehr lange leben wird. Aber noch immer können sie jeden Herbst Früchte ernten und zu Gelee verarbeiten.

Bald soll hier ein neuer Baum gepflanzt werden. Walter ist es wichtig, eine Baumart zu pflanzen, die möglichst vielen Tieren Nahrung (in Form von Nektar und Beeren) bietet. Ein Baum ist eine wertvolle Investition für die Zukunft. Besonders freut es ihn, dass sein Sohn und seine Freundin hier gerne mal einziehen würden. Ihnen möchte er gerne einen Baum hinterlassen.

Quittenbaum
Neben dem alten Quittenbaum soll bald ein weiterer Baum stehen. Eine Investition für die Zukunft.

Die Löffelsteinmauer mit einheimischen Blütenpflanzen bietet den ganzen Sommer Nektar für Insekten

Wir gehen einige Stufen runter, denn unter dem Haus steht das Herzstück des Gartens: die Löffelsteinmauer. Früher stand hier eine Betonmauer mit der einzigen Funktion, die Wand unterhalb des Gartens zu befestigen. Viele Stunden Arbeit hat Walter investiert, um das zu ändern. Die alte Mauer hat er rausgespitzt und eine neue Mauer aus Löffelsteinen gebaut. Die Löffelsteinmauer erfüllt viele Funktonen: Sie befestigt nicht nur die Wand. Durch die Bepflanzung wird sie im Sommer weniger heiss. Was aber für Walter noch viel wichtiger ist: Sie bietet durch zahlreiche Blütenpflanzen Nahrung für Insekten. Es blüht auch nicht alles gleichzeitig. Ein Teil der Pflanzen ist bei meinem Besuch bereits verblüht. Andere werden erst später im Sommer blühen. Das Buffet ist also den ganzen Sommer lang gedeckt. Walter hat viel Freude an den vielen Insekten, die er hier beobachten kann.

Wie diese Mauer vor fünf Jahren ausgesehen hat, sehen Sie auf naturfindetstadt.ch.

Löffelsteinmauer
Die Löffelsteinmauer bringt Vielfalt in den Garten. Vorher stand hier einfach eine Betonwand.

Bei der Bepflanzung der Löffelsteine liess sich Walter Bertschi von Martin Dietwyler beraten. Dieser bietet in seiner naturnah gestalteten Erlebnisgärtnerei zahlreiche einheimische Wildpflanzen an und verfügt über viel Knowhow rund um naturnahe Gartengestaltung. Da die Löffelsteinmauer südlich ausgerichtet ist, müssen die Pflanzen hier mit Hitze und Trockenheit umgehen können. Es wurden nur Pflanzen gepflanzt, die an solche Standorte angepasst sind. Wenn es lange trocken ist, legt Walter ausnahmsweise den Tropfschlauch oben hin, so dass das Wasser langsam durch die Wand sickert.

Sedum Löffelsteinmauer
Mauerpfeffer
Sonnenröschen Löffelsteinmauer
Sonnenröschen

Die Pflanzenzusammensetzung verändert sich immer wieder. Einigen passt es hier gut, anderen weniger. Anderen so gut, dass sie am liebten alles überwachsen. Walter behält es im Auge und pflanzt auch immer mal wieder etwas neues rein.

Hier wachsen nur einheimische Pflanzen – abgesehen vom Feigenbaum

Es ist Walter wichtig, einheimische Pflanzen zu pflanzen. Diese haben oft einen höheren ökologischen Wert. Der einzige Exot im Garten ist der prächtige Feigenbaum. Seine süssen Früchte geniesst sicher auch die eine oder andere Wespe. Walter ist da grosszügig. Die Weinrebe erntet er extra nicht ab und überlässt die Früchte den Tieren. Dieser Ansatz zieht sich durch den ganzen Garten. Er kümmert sich um ein reiches Angebot an Blütenpflanzen und schafft Nistplätze und Nischen. Gut gefielen mir auch die vielen Steine, die unter dem Feigenbaum liegen. Viele Krabbeltiere verkriechen sich gerne zwischen Steinen, die sich in der Sonne schön aufwärmen. Nicht nur Kleintiere kommen in Walters Garten auf ihre Kosten: Auch die Nachbarskinder kommen gern vorbei, um von den Walderdbeeren zu naschen.

Feigenbaum auf Steinen
Unter dem Feigenbaum türmen sich elegant Kalksteine, die Unterschlupf für Krabbeltiere bieten.

Sand für Ameisenlöwen und Wildbienen

Ob er nicht den Weg mit Platten befestigen wolle, wurde Walter schon gefragt. Nein, das will er nicht. Kies ist lebendig: Hier wächst und krabbelt es. Dank des Kieses hat sich hier schon vor vielen Jahren ein ganz spezielles Insekt angesiedelt: der Ameisenlöwe. In einer Ecke am Rand des Kieswegs lebt er im feinen Sand. Auf diesen sind sie angewiesen, um ihre Fangtrichter zu bauen. Walter zeigt mir, wie ihr Fangmechanismus funktioniert: Wenn eine Ameise in den Trichter gerät (in unserem Fall: reingeworfen wird), kommt sie nicht mehr raus. Der Ameisenlöwe sitzt unter dem Trichter im Boden und bewirft die Ameise mit Sand, bis sie bedeckt ist. Ameisenlöwen sind die Larven von Ameisenjungfern, einer nachtaktiven Netzflüglerart.

Vom Sand profitieren aber nicht nur die Ameisenlöwen. Die meisten Wildbienenarten sind Erdnister und legen ihre Eier in sandige Böden. Daher hat Walter einen Streifen Sand unter die Mauer gestreut, wo das selbstgebaute Wildbienenhotel darauf steht. Es besteht aus angebohrten Holzrugeln und hohlen Pflanzenstengeln. Da es südlich ausgerichtet ist, wird es hier schön warm. Das fördert die hohlraumbewohnenden Insekten. So bauen Sie selber ein Insektenhotel und platzieren es am richtigen Ort.

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Ein dekorativer Nistplatz für viele Summer.

Mit einem Glas Quittengelee in der Hand mache ich mich zufrieden auf den Heimweg. Ich habe den Besuch in Walter Bertschis Garten genossen. Vielen Dank für die Einladung!

LUST, LEBENSRÄUME IM EIGENEN GARTEN ZU SCHAFFEN?

Auf naturfindetstadt.ch finden Sie unter „Massnahmenkatalog“ Informationen zu allen Formen von Natur im Garten unter den Rubriken: Struktur-ElementeTierePflanzen und Rund ums Haus.

 

Schauen Sie sich auch noch die anderen Gärten an, wo ich zu Besuch war:

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