Früher weit verbreitet, ist der Gartenschläfer heute vielerorts verschwunden – auch in Baden. Was er braucht, sind naturbelassene Wälder. Mehr wilde Waldreservate, vor allem im Mittelland.

Eigentlich ist der Gartenschläfer wie gemacht für unsere Zeit: ein anpassungsfähiger Allrounder. Als Kulturfolger kommt das „Tier des Jahres 2022“ sogar mit uns Menschen zurecht. Mit dieser Flexibilität müsste der Kleinsäuger weit verbreitet sein, eigentlich. Leider trifft das nicht zu.

Früher häufig, heute in Bedrängnis

Im 19. Jahrundert noch in allen Regionen der Schweiz häufig, gehen die Gartenschläfer-Bestände in der Schweiz und europaweit zurück. In weiten Teilen des Mittellandes gibt es keine aktuellen Nachweise mehr. Sein ursprünglicher Lebensraum, die wilden Wälder Mitteleuropas, wurden über viele Jahrhunderte abgeholzt. Zum Glück konnte das anpassungsfähige Tier aufs traditionelle Kulturland ausweichen. Dort fand der Gartenschläfer geeignete Ersatzlebensräume: strukturreiche Weidewälder, Obstgärten, Hecken und Feldgehölze. Seit einigen Jahrzehnten sind aber auch diese am Verschwinden. Die Siedlungsräume wachsen und werden dichter, das Kulturland wird auf Ertrag optimiert. Was den Gartenschläfer retten könnte, sind darum Waldreservate, neue wilde Wälder. So wie’s aussieht, neigt sich seine Zeit als Kulturfolger dem Ende zu. Aus dem Gartenschläfer wird wohl eher wieder der ursprüngliche „Waldschläfer“.

Teufelskeller_Eichen_08-1536x1119Das Naturwaldreservat Teufelskeller wäre perfekter Lebensraum für Gartenschläfer (Bild: Stadtforstamt).

Mehr Waldreservate!
Ein naturbelassener Wald bietet alles, was ein Gartenschläfer-Herz begehrt: Unter Wurzeln, Asthaufen und Baumstämmen findet er zahlreiche Verstecke für den monatelangen Winterschlaf. In Höhlen alter Bäume sind seine Jungen gut geschützt. Buchennüsschen und Eicheln geben zünftig Winterspeck. Die vielfältige Insektenwelt des Totholzes bietet Nahrung. Auch Frösche, Eidechsen oder junge Vögel sind zu finden. Waldreservate, wo die Natur sich frei entwickeln kann, bieten diese ganze Vielfalt.

6,3 Prozent Waldreservate reichen nicht
Waldreservate schützen den Wald als natürliches Ökosystem. Hier ist die Biodiversität wichtiger als die Interessen des Menschen. Heute gilt das für 6,3 Prozent des Schweizer Waldes, 10 Prozent sollen es bis 2030 werden. Doch reicht das für den langfristigen Erhalt der Wald-Biodiversität? Die Naturschutzorganisation Pro Natura meint: Nein! Stellvertretend für unzählige Arten wirbt sie mit dem Gartenschläfer als Maskottchen für mehr Waldreservate.

Die Badener Waldreservate: 20 Prozent Wildnis!

Seit 1986 wird der Naturschutz im Badener Wald immer wichtiger. 25,7 Prozent der Waldflächen stehen unter spezifischer Naturschutz-Zielsetzung. Waldreservate machen 20 Prozent der Badener Waldfläche aus:

In Naturwaldreservaten wird ganz auf forstliche Eingriffe verzichtet, damit sich der Wald wieder natürlich entwickeln kann. In Sonderwaldreservaten wird gezielt eingegriffen, um bedrohte Arten zu fördern. Das sind vor allem Arten, die viel Licht und Wärme benötigen. Dazu kommen weitere Naturförderprojekte wie die Altholzinseln (20 ha), 741 geschützte Alteichen und über sieben Kilometer naturnaher Waldrand. Östlich von Baden, an den Hängen der Lägern, befindet sich zudem das älteste Aargauer Naturwaldreservat: stattliche 107.3 ha arten- und strukturreicher Wald!

Mehr über den Waldnaturschutz in Baden
Mehr über das Naturwaldreservat Lägern

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Während des Winterschlafs büssen Gartenschläfer rund die Hälfte ihres Körpergewichtes ein (Bild: Biosphoto, Jean-François Noblet).

 

Gibt’s Gartenschläfer in Baden?

Wenn Baden soviel Naturwald hat – dann fühlt sich hier wohl auch der Gartenschläfer wohl? Ja, bestimmt. Aber es gibt keine aktuellen Funde oder Beobachtungen – gemäss Verbreitungskarte im weiten Umkreis von Baden nicht. Bis sie den Weg in den Teufelskeller finden, brauchts ein dichtes Netz von strukturreichem Kulturland, vielfältigen Gärten und wilden Waldreservaten quer durchs Mittelland. Oder ist das nachtaktive Tier vielleicht weiter verbreitet als bisher bekannt? Pro Natura will das herausfinden; machen Sie mit bei der grossen Spurensuche von Pro Natura!

Quellen:

SRF-Tagesgespräch 3.1.2022 mit Urs Tester, Pro Natura
Website Pro Natura Titelbild: Biosphoto / Frédéric Desmette

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