Bei der Auswahl des Füllmaterials für den neuen Kunstrasen im Badener Stadion Esp wurden sportliche Aspekte und die Nachhaltigkeit berücksichtigt.​

Das Fussballstadion Esp in Baden Dättwil hat im Sommer 2021 nicht nur eine neue Beleuchtung erhalten, sondern auch einen neuen Kunstrasen, der mit Korkgranulat verfüllt wurde. Bei der Auswahl des Füllmaterials aus Kork wurde nicht nur auf die sportlichen Eigenschaften oder den Unterhalt geschaut. Ganz im Sinne der “Nachhaltigen Beschaffung” galt es auch Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte, Sozialstandards und die Recyclierbarkeit mit zu betrachten.

 

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Aufschneiden des Kunstrasens (Bild: Stadtökologie Baden)

Kork ist eine naturverträgliche Alternative zu Kunststoff

Nach zehn Jahren hatte der bisherige mit Kunststoffgranulat/Quarzsandgemisch verfüllte Kunstrasen im Stadion Esp das Ende seiner Bespielbarkeit erreicht und musste ausgetauscht werden.
Zuständig hierfür ist die Abteilung Immobilien der Stadt Baden als Eigentümervertreterin der stadteigenen Immobilien. Sie hat sich bei der Erneuerung des Kunstrasens unter anderem mit den Themen des Mikroplastiks und der gesundheitlichen Schadstoffsicherheit befasst und unter Einbezug der Abteilung Stadtökologie diverse Füllmaterialen unter dem Aspekt der „Nachhaltigen Beschaffung“ geprüft.

Zur Auswahl standen 4 Möglichkeiten für die Verfüllung des neuen Kunstrasens:

  • Kunststoffgranulat: Ersatz wie bisher verwendet, Polyethylengemisch wie Kunstrasenfasern, Herstellung aus Rohöl
  • Bio-Kunststoff: Polyethylen – wird aus dem nachwachsenden Rohstoff Zuckerrohr gewonnen
  • Olivenkerngranulat: nachwachsendes Naturprodukt, Abfallprodukt in der Olivenverarbeitung
  • Korkgranulat: nachwachsendes Naturprodukt, zertifizierte, nachhaltige Waldwirtschaft von Korkeichenwäldern in Südeuropa

Ein Produkt wird über den gesamten Lebenszyklus betrachtet

Aus Sicht der Nachhaltigkeit war es der Stadt Baden wichtig, ein Füllmaterial zu wählen, das über den gesamten Lebenszyklus, also in der Entstehung, der Nutzung und in der Entsorgung möglichst ressourcenschonend und wenig umweltbelastend ist, unter möglichst fairen Arbeitsbedingungen hergestellt wurde und wann immer möglich recycelt werden kann.

Eine erneute Verfüllung mit Kunststoff wäre nicht nachhaltig gewesen

Gegen die beiden Varianten aus Kunststoffgranulat, sprach, dass es sich nicht um ein Naturprodukt, sondern um ein Plastik in Form von Polyethylen handelt, dass entweder aus Rohöl hergestellt wird oder wie im Fall des Bio-Kunststoffs aus Zuckerrohr, das aus Brasilien (meist Plantagen) stammt. In beiden Fällen entsteht nach einem energieintensiven Prozess ein Polyethylen, dass beim Einbau und der Nutzung entsprechender Sicherheitsvorkehrungen bedarf, um das Verschleppen von Mikroplastik in die Umwelt zu verhindern. Nach der Nutzung, also wenn der Kunstrasen seine Lebensdauer erreicht hat, könnte der Füll-Kunststoff theoretisch recycelt werden. In der Praxis ist die Trennung von Teppich, Kunststoff und Quarzsanden aber zu aufwendig, sodass auch bei heutigen Kunstrasen mit Polyethylenfüllung der gesamte Kunstrasen zu Sondermüll wird. In Bezug auf die Sozialstandards konnten für die Ausgangsprodukte des Kunststoff, also weder für das Rohöl, noch für das Zuckerrohr die Arbeitsbedingung überprüft werden.

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Korkgranulat in der Füllmaschine (Bild: Stadtökologie Baden)
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Vorbereitungen für die Verfüllung des Granulats (Bild: Stadtökologie Baden).

Korkgranulat gewinnt gegen Olivenkerngranulat

Bei der Wahl zwischen den Füllgranulaten aus Olivenkernen und Kork fiel die Auswahl schwerer. Bei beiden Produkten handelt es sich um ein Naturprodukt. Olivenkerngranulat entsteht als Abfallprodukt der Olivenverarbeitung. Korkgranulat entsteht beim Schälen der Rinde von Korkeichen. In beiden Fällen werden wertvolle Lebensräume in Form von Olivenhainen oder Korkeichenwäldern und eine damit assoziierte Tier- und Pflanzenwelt unterhalten. Neben der Lebensraumfunktion der Haine und Wälder stützt dies gleichzeitig die Pflege südeuropäischen Kulturguts. Für beide Rohstoffe konnten durch die Herstellung in Spanien, Portugal, Frankreich oder Italien zertifizierte Arbeitsbedingungen nach europäischen ISO-Normen nachgewiesen werden. Beide Granulate sind recycelbar. Beim Energieverbrauch fällt eine Gegenüberstellung schwer. Während die Korkrinde an der Sonne getrocknet wird, bedarf sie eines Aufkochens, bevor sie zu Korkgranulat verarbeitet wird. Beim Olivenkerngranulat fällt energetisch nur der Zerkleinerungsprozesse zum Granulat an, denn die Kerne sind Abfallprodukt der Olivenverarbeitung. Beide Prozesse sind aber wohl energetisch günstiger als das Synthetisieren von Polyethylen.
Gegenüber dem Granulat aus Olivenkernen konnte das Korkgranulat damit punkten, dass der Kork aus zertifizierter, nachhaltiger Waldwirtschaft (FSC und PEFC) stammt und das Unternehmen durch die Mitgliedschaft bei „Green Cork“ zudem an Sozialprojekten und nachhaltigen Aufforstungsprojekten beteiligt ist.

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Verfüllung des Kunstrasens ESP mit Korkgranulat (Bild: Stadtökologie Baden)

Korkgranulat ist der Favorit

Das Projektteam, welches aus Mitgliedern der Abteilungen Immobilien und Stadtökologie und einer Delegation des FC Baden bestand und von einem Sportplatzspezialisten beraten und begleitet wurde, hat sich für die Erneuerung des Kunstrasens im Stadion ESP somit für eine Verfüllung mit Korkgranulat entschieden. Neben den Aspekten der Nachhaltigkeit fiel der Entscheid für das Korkgranulat und gegen das Olivenkerngranulat auch ganz klar aus sportlichen Gründen. Das Korkgranulat ist viel weicher als das Granulat aus Olivenkernen und kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben. Der Kunstrasen wird vor dem Spiel gewässert und während dem Spiel wird die gespeicherte Feuchtigkeit wieder abgegeben. Der Rasen bleibt so lange feucht, was ihn einerseits besser bespielbar (der Ball wird schneller) und weniger heiss macht.

Mit der Wahl des Korkgranulats konnte im Stadion Esp daher gleich 2 Mal ein GOAL geschossen werden: in der Nachhaltigkeit und der sportlichen Eignung.

Das Korkgranulat besticht durch gute Eigenschaften wie:

  • sehr hohe Energieaufnahme,
  • Reduktion Sturzverletzung,
  • keine chemische Kontamination, da ein Naturprodukt,
  • hoch feuchtebeständig,
  • hoch elastisch,
  • senkt Oberflächentemperatur
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So fein und körnig ist das Korkgranulat (Bild: Stadtökologie Baden).

Hinweis zur Erneuerung der „Nachhaltigen Beschaffung“
Seit dem 1. Juli 2021 ist neue rechtlichen Regelung für eine „Nachhaltige Beschaffung“ in Kraft. Neu besteht in der öffentlichen Beschaffung die Möglichkeit, den Fokus nicht länger auf einen Preiswettbewerb, sondern auf einen Qualitätswettbewerb zu legen, in welchem Kriterien zu Umwelt- und Sozialstandards nun stärker als in der früheren Gesetzgebung gewichtet werden können.

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